Moskau/Wien – Russische Medien haben mit Skepsis und Hoffnung auf die neue türkis-blaue Regierung reagiert. Einige referierten mit Verweis auf Nachrichtenagenturen zunächst Vorhaben der Koalition, "antirussische" Sanktionen aufzuheben. Die staatliche "Rossijskaja Gaseta" vom Montag zeigte sich jedoch äußerst skeptisch über die tatsächliche Umsetzung dieses Versprechens.

"Westliche Staaten versprechen eine Abschaffung der Sanktionen, machen in Wirklichkeit aber nichts dafür", kritisierte das Blatt. Dass Österreich im Regierungsprogramm zur "historischen Drehscheibe für einen Dialog zwischen Ost und West" erklärt werde, bedeute in der Praxis rein gar nichts, schrieb die Tageszeitung und verwies auf eine Erklärung von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, in der Sanktionsfrage nicht gegen die EU-Mehrheit stimmen zu wollen.

"Sofortiges Verstummen"

Diese Art von schnellem Schwenk in Bezug auf Sanktionen sei schon seit längerer Zeit für europäische Regierungen typisch, hieß es. "Im Bestreben, von Russland wirtschaftliche bevorzugt zu werden, imitieren sie und sprechen sogar öffentlich davon, bei der Abschaffung der Sanktionen zu helfen. Aber sie verstummen sofort, wenn es zur entscheidenden Abstimmung bei EU-Ratstreffen zur Verlängerung dieser Maßnahmen geht", kritisierte die Zeitung und nannte Griechenland, Italien, Ungarn sowie Zypern als Beispiele für dieses Verhalten.

"Die neue Regierung Österreichs wird daher auch in Zukunft darüber reden, dass alle von der Aufhebung der Sanktionen gegen Moskau profitierten würden, selbst diesbezüglichen aber keine konkreten Verpflichtungen auf sich nehmen", erklärte die "Rossijskaja Gaseta" in ihrem "Alles bleibt beim Alten" betitelten Beitrag.

Reaktionen hochrangiger Vertreter Moskaus auf die Regierungsbildung in Österreich waren am Wochenende zunächst ausgeblieben – selbst auf der Webseite der Kreml-Partei "Einiges Russland" fanden sich in der Nacht auf Montag noch keine Glückwünsche für die Partnerpartei FPÖ.

Freude über Kneissls EU-Kritik

Als einer der wenigen russischen Politiker hatte am Samstag Senator Alexej Puschkow die Nachrichten aus Wien kommentiert: "Der neue Kanzler Österreichs wird vielen im Westen nicht gefallen: Er ist gegen verpflichtende Quoten bei Migranten und Anhänger einer forcierten Entspannung mit Russland", schrieb Puschkow auf Twitter.

Russische Kurzmeldungen verwiesen indes auf einen Gegensatz zwischen der ÖVP-FPÖ-Koalitionsregierung und maßgeblichen EU-Politikern und nannten dabei die neue Außenministerin Karin Kneissl. Die von der FPÖ nominierte Expertin sei dafür bekannt, dass sie aktiv die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kritisiert und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker als "Zyniker der Macht" und "rüpelhaft" bezeichnet habe, schrieb vesti.ru, die Webseite des staatlichen Fernsehsenders Rossija. Zudem wurden Kneissls wohlwollende Stellungnahme zur katalanischen Unabhängigkeit sowie Kommentare zur Silvesternacht von Köln 2015/16 erwähnt, nach der Kneissl von einem "Männerüberschuss" unter Flüchtlingen geschrieben hatte. (APA, 18.12.2017)