Das hat sich die Staatsanwaltschaft wohl in den kühnsten Träumen nicht so vorgestellt. Peter Hochegger, der Lobbyist und Großauftragnehmer unter Schwarz-Blau, hat am Freitag ausgepackt. Karl-Heinz Grasser habe bei den Provisionen rund um den Verkauf der Bundeswohnungen mitgeschnitten, ließ er über seinen Anwalt wissen. Auch wenn sich Gerichtsentscheidungen grundsätzlich nie voraussagen lassen, ist ein Punkt in der Causa Buwog klar: Die Ankläger haben seit Freitagmittag weit mehr in Händen, als man bisher erwarten konnte.

Der mehr als 800 Seiten dicke Schriftsatz liest sich zwar ziemlich spannend, hat aber eine entscheidende Schwäche: Er basiert auf Indizien. Die Angeklagten haben sich in der ersten Prozesswoche ordentlich auf die Staatsanwaltschaft eingeschossen. Von Hokuspokus, einem Kriminalroman und Fantastereien war die Rede. Gepaart mit den zahlreichen Anträgen gegen die Richterin wegen angeblicher Befangenheit hatten einige Kommentatoren schon einen Justizskandal erster Güte gewittert. Das mag weit übertrieben sein, doch das Gesamtbild trübte sich doch ziemlich ein: eine Anklage, in der weit und breit kein handfester Beweis für den Hauptvorwurf zu finden ist; ein Ehemann einer Richterin, dessen Twitter-Verhalten eines Justizvertreters (er ist auch Richter) nicht würdig ist; Angeklagte, deren Störmanöver auf wenig Verständnis stießen.

Doch jetzt ist offenbar die Wende hin zu den Inhalten da. Es geht ja im Kern darum, ob Grasser und der Makler Ernst Plech bei den von Hochegger und Walter Meischberger eingefädelten Provisionen mitschnitten. Wichtige Indizien in die Richtung sind die Geldflüsse über ein Konto in Liechtenstein, das Meischberger für sich in Anspruch nimmt, von der Staatsanwaltschaft aber dem früheren Finanzminister zugeordnet wird. Genau diese These wird nun von Hochegger gestützt. Er habe gewusst, dass Meischberger die Schmiergelder an Grasser und auch Plech weitergeleitet habe, teilte er kurz und bündig mit.

Hochegger könnte damit zu jener Smoking Gun, jenem rauchenden Colt werden, den die Ankläger so lange vergeblich gesucht haben. Unabhängig vom Prozessausgang wird die wegen vieler Pannen und extremer Verfahrensdauer in der Buwog-Causa zu Recht kritisierte Justiz rehabilitiert. Die Entscheidung anzuklagen erhält zusätzliche Legitimation.

Zur Vorverurteilung reichen die Aussagen Hocheggers – wie in jedem anderen Fall auch – freilich noch lange nicht. Grasser und Co werden die Glaubwürdigkeit des Expartners massiv in Zweifel ziehen. Motive des einst mächtigen Beraters für sein Vorbringen können leicht abgeleitet werden: Sein Teilgeständnis hätte im Falle einer Verurteilung eine deutliche Strafmilderung zur Folge, wenn Hocheggers Beitrag die Aufklärung des Falls bringen sollte.

Zwei Jahre Haft, davon acht Monate unbedingt, hat er bereits für seine Rolle in der Telekom-Affäre abgesessen. Die Glaubwürdigkeit eines Verurteilten zu beurteilen, das wird nun eine entscheidende Aufgabe des Gerichts sein. (Andreas Schnauder, 15.12.2017)