Staffan de Mistura, glückloser Uno-Vermittler seit Sommer 2014, am Donnerstag in Genf: Die Karte zeigt ein fraktioniertes Syrien.

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Genf/Damaskus/Wien – Es gab keinerlei Bewegung: Die achte Runde der Uno-geführten Syrien-Gespräche in Genf wurde nicht nur ohne jedes Ergebnis beendet, sondern sogar mit einer Warnung vor dem Zusammenbruch der Syrien-Diplomatie. Sie kam von der Opposition, die von Uno-Vermittler Staffan de Mistura insofern Schützenhilfe erhielt, als er vor allem die Verhandler Bashar al-Assads für den totalen Stillstand verantwortlich machte.

Die Ende November gestartete Gesprächsrunde hätte ursprünglich jene werden sollen, in der sich Vertreter von Opposition und Regime erstmals gegenübersitzen. Stattdessen wurde nicht einmal indirekt wirklich verhandelt. Beobachter nannten das Treffen eine "Farce".

Wenn denn das Regime vorhatte, alles zu blockieren, dann hatte ihm die Opposition dafür eine gute Ausrede geliefert. Vor Genf stellte sich die Opposition bei einem Treffen in der saudischen Hauptstadt Riad auf eine breitere Basis: In die Verhandlungsdelegation wurden Kräfte integriert, die eigentlich einen etwas pragmatischeren Zugang zur Frage haben, welche Rolle Assad in der Transitionszeit spielen könne. Umso unerwarteter fiel dann eine Erklärung der neuen Verhandlergruppe unter ihrem neuen Chef Nasr Hariri am Ende des Treffens in Riad aus: Assad solle von jeder Übergangslösung in Syrien ausgeschlossen werden.

Die Reaktion von Assads Chefverhandler Bashar al-Jaafari war voraussagbar: Dann gebe es eben für die Regierungsdelegation nichts zu verhandeln. Auch am Ende von Genf wiederholte Jaafari die Forderung, die Opposition müsse dieses Statement, das auf eine Bedingung hinausläuft, vor Verhandlungen zurücknehmen.

Jaafari wies auch die Vorwürfe de Misturas zurück. Dieser hatte die Position der Opposition relativiert: Sie sei zwar nach außen hin hart, die Delegation sei jedoch verhandlungsbereit.

Assad bis 2021

Damit würde die Opposition dem folgen, was von Diplomaten als realistisch eingeschätzt wird: Im New Yorker etwa schreibt die gewöhnlich gut informierte Robin Wright, dass auch die US-Regierung unter Donald Trump sich damit abgefunden habe, dass die Syrer Assad nur auf dem Weg über Wahlen loswerden würden. Dieser Prozess wäre bis 2021 veranschlagt. Noch im Oktober hatte US-Außenminister Rex Tillerson gesagt, dass sich die Herrschaft Assads dem Ende nähere.

Es gibt noch kein neues Datum für eine Genf-Fortsetzung, wo ein Übergangsprozess – neue Verfassung, Wahlen etc. – für Syrien entworfen werden soll. Der nächste Termin in der Syrien-Diplomatie ist Astana Ende Dezember. Und im Februar 2018 soll im russischen Sotschi der "Nationale Dialog" begonnen haben, zu dem Russland auch Kräfte inkludieren will, die bisher nicht vertreten sind.

Dazu zählt vor allem die stärkste syrisch-kurdische Partei, die PYD mit ihren Milizen YPG, die von der Türkei als PKK-Ausläufer und Terroristen angesehen und bekämpft werden.

Auch deshalb wird Astana mit Spannung erwartet: Dieses Format hat drei "Garanten" – Russland, die Türkei und Iran. Mit gemischten Gefühlen hat man in Ankara jedoch vor wenigen Tagen verfolgt, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nach seinem Türkei-Besuch unverhofft in Syrien auftauchte, um auf der Seite Assads den Sieg über den Terrorismus und die Rebellen sowie einen eigenen Teilabzug zu verkünden.

Der Krieg ist aus

Es war dies ganz klar auch eine Botschaft Putins an die Türkei – aber auch an die USA: Der Krieg ist vorbei, ihr könnt wieder heimgehen. Vor kurzem war bekanntgeworden, dass die USA mehr Soldaten als angenommen, nämlich 2000, in Syrien haben. Die Türkei hat eine massive Präsenz, die vor allem dazu dient, eine weitere kurdische Ausbreitung zu verhindern.

In Sotschi wiederum machen die Russen der Uno Konkurrenz – so sehen es zumindest Kritiker. Der geplante Dialogbeginn wurde bereits zweimal – von Mitte November und Anfang Dezember – verschoben, diesmal soll er laut Moskau aber auf alle Fälle stattfinden: Die Einladungen werden ausgeschickt, dann wird man sehen, wer mit am Tisch sitzen will.

Für die in Riad neu aufgestellte Oppositionsdelegation ist das die Stunde der Wahrheit: Es ist durchaus möglich, dass ein Teil nach Sotschi fahren will und wird, ein anderer nicht. Ziel des Riad-Treffens war ja nicht nur mehr Inklusion gewesen, sondern auch eine einheitliche Linie. Letzteres dürfte nicht gelungen sein. (Gudrun Harrer, 15.12.2017)