"Kein Jobprogramm ohne Qualifizierung", sagt Manuela Vollmann.

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Wien – Es sind zwei rot-schwarze Erbstücke der Vorgängerregierung, die sich die neue Volkspartei von Sebastian Kurz und die FPÖ bei ihren Gesprächen zur Anbahnung einer türkis-blauen Koalition noch einmal genauer anschauen wollten: der Beschäftigungsbonus für Firmen, die zusätzliche Vollarbeitsplätze schaffen, und die Aktion 20.000 zur Schaffung von 20.000 neuen Jobs für Langzeitarbeitslose über 50 Jahren in Gemeinden, gemeinnützigen Organisationen und dem öffentlichen Dienst. Zwar großkoalitionär beschlossen, waren es eigentlich rote Prestigeprojekte, die nun zur Disposition stehen. Wie also damit weitermachen?

Die SPÖ forderte jedenfalls am Mittwoch im Parlament schon einmal die unbefristete Verlängerung der Aktion 20.000 über 2019 hinaus – weil sie befürchtet, dass diese Maßnahme von der türkis-blauen Nachfolgerregierung zusammengestutzt wird.

AMS-Chef Johannes Kopf hat sich unlängst im STANDARD für eine "Redimensionierung" der Aktion 20.000 ausgesprochen und den Jobbonus in Zeiten brummender Konjunktur für "nicht mehr notwendig" erachtet.

"Learning on the job" fördern

Anders sieht das Arbeitsmarktexpertin Manuela Vollmann. Die Geschäftsführerin und Gründerin von ABZ Austria, einem Non-Profit-Unternehmen, das Projekte für Gleichstellung am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft anbietet, sagt im STANDARD-Gespräch: "Ich würde den Beschäftigungsbonus kürzen, ihn speziell Klein- und Mittelbetrieben anbieten und koppeln an Auflagen für die Unternehmen, dass sie Qualifizierungsmaßnahmen für die eingestellten Menschen anbieten, wenn sie die Förderung in Anspruch nehmen."

Denn, so Vollmanns Argument: "Die Digitalisierung wird die Arbeitsplätze stark verändern, und gerade für Geringqualifizierte wird es schwierig, ihren Job auch zu behalten. Das könnten die Betriebe auch nicht alles alleine stemmen. Ergänzend dazu braucht es auch Programme, die eine Kooperation der geförderten Unternehmen mit Bildungseinrichtungen vorsehen. Darum ist jetzt, auch in einer guten Konjunkturphase, eine präventive und vorausschauende Arbeitsmarktpolitik notwendig."

Jobprogramme müssten unbedingt mit Qualifizierung am Arbeitsplatz ("learning on the job") verbunden werden, sagt Vollmann. Das würde eine Win-win-Situation für Betrieb und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen.

Über 50 fast keine Jobchancen mehr

Vollmann, deren Non-Profit-Unternehmen eng mit dem Arbeitsmarktservice zusammenarbeitet, plädiert auch für die Fortsetzung der Aktion 20.000: "Die Realität zeigt, dass es nun einmal für Menschen 50 plus in Österreich sehr schwer bis fast unmöglich ist, wieder einen Job zu finden, auch in Zeiten guter Konjunktur – und das betrifft nicht nur weniger Qualifizierte. Die Aktion kann ein guter Hebel sein, um Personen 50 plus nachhaltig wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und somit langfristig auch Kosten zu sparen."

Das Netzwerk "Arbeit plus", in dem die sozialen Unternehmen Österreichs aktiv sind, wünsche sich in diesem Bereich aber "mehr Innovation", sagt Vollmann. So solle man etwa überlegen, wie man in ländlichen Regionen die Folgen der Landflucht durch neue, auch gemeindeübergreifende Jobmodelle abfangen könnte, auch in Kooperation mit den regionalen sozialen Unternehmen, um so einerseits Menschen wieder Arbeit zu verschaffen und andererseits zum Beispiel Dienstleistungen anzubieten, die es jetzt nicht mehr gibt, etwa Fahrdienste für ältere Menschen oder auch in der Pflege und Kinderbetreuung. (Lisa Nimmervoll, 14.12.2017)