In den Stunden vor der von US-Präsident Donald Trump erwarteten Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt fiel in Israel immer wieder das Wort "Festtag". Es hieß, dass das Rathaus von Jerusalem sogar eine Freudenkundgebung vorbereitete, bei der die Menschen tanzen sollten wie 1947, als die Uno die Schaffung eines jüdischen Staates beschloss – wegen des ungewöhnlich stürmischen Wetters war das aber ungewiss. Man spürte auch ein Unbehagen, das durch die Kritik aus aller Welt ausgelöst wurde, und die Sorge wegen möglicher Gewaltausbrüche. Aber die Zustimmung ging quer durch die politischen Lager.

"Ich begrüße es, dass ein anderes Land Jerusalem als unsere Hauptstadt anerkennt", sagte etwa Avi Gabay, der neue Chef der Arbeiterpartei, "aber wir sind es, die Jerusalem zu unserer Hauptstadt gemacht haben – als meine Eltern nach Jerusalem eingewandert sind, haben sie nicht gefragt, ob die USA Jerusalem als Hauptstadt anerkennen, für sie war Jerusalem immer das Symbol des jüdischen Volkes."

Netanjahu will nochmal sprechen

Premier Benjamin Netanjahu hatte seinen Ministern aufgetragen, im Vorfeld der Trump-Erklärung Stillschweigen zu bewahren, um keine Irritationen zu riskieren, und begnügte sich mit einem zurückhaltenden Facebook-Eintrag: "Jeden Tag gibt es sehr bedeutsame Manifestationen unserer nationalen Identität, aber ganz speziell heute. Und ich werde dem später am heutigen Tag etwas hinzuzufügen haben, in einer Angelegenheit, die Jerusalem betrifft."

Schon zuvor hatte Netanjahus nationalreligiöser Koalitionspartner Naftali Bennett frohlockt: "Wir erwarten von Präsident Trump, Jerusalem als Israels vereinigte Hauptstadt anzuerkennen und auch die amerikanische Botschaft in unsere Hauptstadt zu verlegen, das erwarten wir von unserem größten und besten Freund." Ganz ähnlich klang es auch beim liberalen Oppositionspolitiker Yair Lapid, der zu Netanjahus schärfsten Rivalen zählt: "Das ist jetzt die Zeit für die ganze Welt, das vereinigte Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen", sagte Lapid in einer Rede. "Wenn Gewalt das einzige Argument gegen die Verlegung der Botschaft ist, dann beweist das nur, dass die Verlegung das Richtige ist."

Der Teufel steckt im Detail

Damit spielte Lapid auf die Befürchtung an, dass die Palästinenser auf Trumps Erklärung mit gewalttätigen Protesten reagieren könnten. Als besonders kritisch gilt der kommende Freitag, weil in politisch gespannten Phasen gerade am Ruhe- und Gebetstag der Muslime oft Unruhen ausgebrochen sind. Gespannt wartete man in Israel indessen darauf, welche Formulierungen Trump gebrauchen würde.

Würde er etwa ganz Jerusalem oder etwa ausdrücklich nur West-Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen? Letztere Variante wäre für die Palästinenser eher hinzunehmen. Mit der baldigen Übersiedlung der US-Botschaft aus Tel Aviv rechnete man nicht. Wegen der Größe der Botschaft wäre das eine langwierige logistische Operation, und es müsste ein geeignetes Gebäude in Jerusalem gefunden und hergerichtet werden. Andrerseits hieß es, wenn Trump wollte, könnte er die Verlegung symbolisch in fünf Minuten durchziehen – er müsste bloß anordnen, dass das Schild am US-Konsulat in West-Jerusalem ausgewechselt wird. (Ben Segenreich aus Jerusalem, 6.12.2017)