Schon wieder Wien: intransparent, teuer, uneinsichtig. Gerade hat die Rechercheplattform Dossier enthüllt, wie die Stadt Wien Werbeausgaben in Beilagen versteckt und ein SPÖ-naher Verlag davon profitiert. Die Stadt und ihr ewiges Eigenlob; Wien und die SPÖ, die der Bundeshauptstadt ihren roten Stempel eingebrannt hat.

Das ist die eine Seite, wie man Wien sehen kann. Für die FPÖ war das rote und noch viel mehr das rot-grüne Wien schon immer das politische Feindbild. Die ÖVP unter Sebastian Kurz schlägt in dieselbe Kerbe. "Wien" gilt als türkis-blaues Synonym für überteuerte Großprojekte wie das Krankenhaus Nord, eine usurpatorische SPÖ, die alles bestimmt, besetzt und sich auf jede neue Idee draufsetzt, und letztlich eine Weltsicht, die man zutiefst ablehnt.

Wien ist der Gegenentwurf zu dem, wofür FPÖ und ÖVP stehen. Beispielhaft dafür: In der Seestadt Aspern hat ein gemeinnütziger Bauträger ein queeres Wohnhaus hingestellt. Das gibt's nur in Wien. Die Wohnungsmieten sind in Wien immer noch günstig (etwa im Vergleich mit München). Weil 60 Prozent der Wiener Bevölkerung in geförderten Wohnungen leben, gibt es auch in "ausländerstarken" Bezirken keine Ghettos wie in anderen Millionenstädten. Das Öffi-Jahresticket ist günstig wie sonst nirgendwo in Europa. Kindergärten haben ganztägig und ganzjährig geöffnet, und sie kosten wenig bis gar nichts.

SPÖ und Grüne könnten auf diese Leistungen vertrauen und darauf bauen, dass das Wiener Wahlvolk mündig genug und bei Trost ist, nicht den Ast abzusägen, auf dem es sitzt.

Stattdessen: Misstrauen, das mit teuren Einschaltungen und Hochglanz-Jubelpostillen betäubt wird – alles in der Hoffnung, die Wähler mögen doch bitte, bitte dankbar sein und weiter SPÖ wählen. Die Angst dahinter ist schon berechtigt: Die FPÖ in Wien schürt seit Jahrzehnten fleißig den Neid der Besitzenden auf die Besitzlosen und der Besitzlosen untereinander. Diese Saat geht immer wieder auf.

Allerdings auch deshalb, weil gerade die SPÖ weit offene Flanken darbietet: Kritik gilt so lange als Majestätsbeleidigung, bis der Rechnungshof das Gegenteil beweist. Den Zeitungsboulevard füttert man unbeirrt und wider besseres Wissen, die Intransparenz bei der Werbemittelvergabe wird gegen alle Gesetze zur Kunstform weiterentwickelt.

Das ist der sumpfige Boden, auf dem die Saat der Missgunst besonders schön erblüht. Wem das am meisten nützt, sollte mittlerweile allen klar sein. (Petra Stuiber, 6.12.2017)