Nicht weniger als "die Zukunft des Theaters" verspricht die dänische Gruppe The Other Eye of The Tiger auf ihrer Webseite. Mit ihrer Performance-Installation Märtyrermuseum hat sie es nun immerhin mitten in die Gegenwart des Populismus geschafft. Schon bei der Premiere 2016 in Kopenhagen gab es Kontroversen, jetzt macht das Museum in Deutschland Station (nach Berlin ab Freitag in Hamburg). Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch hat Strafanzeige wegen "öffentlicher Billigung von Mord" erstattet, weil in dem Museum Terroristen wie Mohammed Atta als Märtyrer auftauchen. Wegen des sich ebenfalls in der Reihe der Blutzeugen befindlichen Bataclan-Attentäters Omar Ismael Mustafa hat sich die französische Botschaft in einer Erklärung "schockiert" gezeigt und "Bestürzung seitens der Verbände der Anschlagsopfer und ihrer Angehörigen" kundgetan.

Das ist eine angemessene Reaktion auf ein Kunstprojekt, das sich die historisch teuer erkaufte, inzwischen aber oft leichthin beanspruchte Freiheit nimmt, "mehr Fragen als Antworten" zu präsentieren. Kalkuliert falsch liegt hingegen die AfD, wenn sie unterstellt, es ginge in dem Märtyrermuseum darum, die Terroristen zu "ehren". Viel eher geht es in der Präsentation gerade auch um Museumsbegriffe, wobei das Konzept eines Märtyrermuseums in einem religiösen Sinn gerade der (häufig schiitische) Islam kennt.

The Other Eye of The Tiger überblendet Formen heutiger Museumsästhetik und provoziert mit einer diskussionswürdigen Liste von Märtyrern: Von Sokrates bis zu dem Franziskaner Maximilian Kolbe, der in Auschwitz anstelle eines Familienvaters in den Tod ging, von der christlichen Apollonia von Alexandria (Patronin der Zahnärzte) bis zu Jeanne d'Arc führt die Reihe in eine Gegenwart, in der vor allem islamistische Vorstellungen von Martyrium auftauchen. Sie werden im Märtyrermuseum weder "geehrt" noch wirklich reflektiert, aber mittelmäßige Kunst ist in Deutschland nicht strafbar, weswegen Urteile vor allem in sozialen Netzwerken gesprochen werden. (Bert Rebhandl, 6.12.2017)