Der wirtschaftliche Belvedere-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann ließ bei der Jahrespressekonferenz kein gutes Haar an der Vorgänger-Direktion.

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Wien – Bei der ersten Jahrespressekonferenz des Belvedere-Führungsduos Stella Rollig und Wolfgang Bergmann standen wirtschaftliche Belange im Vordergrund. Kein gutes Haar ließ man diesbezüglich an der im Vorjahr nach Compliance-Verstößen nicht wiederverlängerten Ex-Direktorin Agnes Husslein-Arco: Es ergebe sich mittlerweile "ein Grundmuster", wonach "gesetzliche Vorgaben oft nicht eingehalten" worden seien, so der wirtschaftliche Leiter Wolfgang Bergmann. Er könne "darüber nicht mehr schweigen", es sei "skandalös" und "grob fahrlässig", wie etwa mit der baulichen Substanz des Hauses umgegangen worden sei. Bergmann richtete zahlreiche Vorwürfe an die ehemalige Belvedere-Chefin, von der man "ein schweres Erbe" übernommen habe.

Am Mittwoch hat die neue Belvedere-Führung massive Vorwürfe gegen Husslein erhoben.
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Kein Brandschutz im Dachboden

Die jüngste Entdeckung von Missständen betreffe die auf dem denkmalgeschützten Dachboden des Belvedere befindlichen Kälteanlagen, die ein neu ans Haus geholter Klimaspezialist vor wenigen Tagen in Augenschein genommen und danach "mit bleichem Gesicht" Bericht erstattet habe: Die Anlagen entsprächen "in keiner Weise" den Anforderungen eines Brandschutzes, aufgefundene externe Prüfgutachten bis zurück auf 2013 hätten bereits davor gewarnt, ohne, dass dies Konsequenzen nach sich gezogen habe. Man habe die betreffenden Anlagen nun sofort und kontrolliert heruntergefahren und behelfe sich seither provisorisch.

"Bei weiterer Recherche ist das Bild noch schrecklicher geworden: Diese Anlagen verfügen über keine gültige Baugenehmigungen", so Bergmann, der berichtete, dass Mitarbeiter in mehreren Fällen von der früheren Geschäftsführung angewiesen worden seien, fehlende behördliche Genehmigungen bewusst zu ignorieren. "Das ist ein fahrlässiger Umgang mit Weltkulturerbe. Es geht hier um Milliardenwerte. Ich bin voll der Sorge, dass wir noch mehr finden werden."

Regressforderungen um Kunstwerk

Die in den vergangenen Tagen publik gewordenen Fälle von Regressforderungen an die frühere Direktorin seien "eine Lächerlichkeit im Vergleich zu dem, was wir hier an fahrlässiger Führung eines Hauses vorgefunden haben. Mehr als uns lieb ist, sind wir damit zusätzlich zu unserem Tagesgeschäft beschäftigt." So seien etwa Brandschutztüren ausgebaut worden, "weil man aus ästhetischen Gründen was anderes haben wollte". Das im Unteren Belvedere geplante Cafe (die Causa ist Teil der Regressforderungen) sei bewusst ohne Betriebsstättengenehmigung betrieben worden. "Da ist der Stempel 'Vorsätzlichkeit und grobe Fahrlässigkeit' drauf", so Bergmann.

Ein anderer Fall der kürzlich bekannt gewordenen Regressforderungen gegenüber Husslein-Arco betrifft ein bestelltes, aber nicht geliefertes Kunstwerk, für das 100.000 Euro gezahlt wurden. Es sei "sehr unüblich, dass man ein Kunstwerk bezahlt, bevor es geliefert wurde", sagte Rollig. "Die Künstlerin hat uns mitgeteilt, dass das Werk beschädigt ist und hat nicht geliefert", so Bergmann. Man versuche nun im Klagsweg das Geld von der Künstlerin zurückzufordern, erst im Nichteinbringungsfall werde man sich an Husslein-Arco wenden. Eine Verantwortung des interimistischen Geschäftsführers Dieter Bogner gebe es nicht.

Besucher gesteigert, neues "Belvedere 21"

Die wirtschaftlichen Zahlen indes seien anhaltend gut, Ticketeinnahmen und Besucher konnte man neuerlich mit Rekord steigern. Eine große Neuerung: Das für Zeitgenössisches zuständige 21er-Haus soll in "Belvedere 21" umbenannt werden. "Viele wissen nämlich nicht, dass es ein Belvedere-Standort ist. Und Belvedere ist die stärkere Marke", so Stella Rollig, die Inhaltliches skizzierte. Im Fokus stehen dabei große Jubiläen: Die 100. Todestage von Klimt, Schiele, Kolo Moser und Otto Wagner sowie "50 Jahre 1968" mit u. a. Günter Brus im dann neu positionierten Belvedere 21. (stew, APA, 6.12.2017)