Sie müssen immer streiten (und siegen): Brunhild (Saskia Klar) und Siegfried (Lennart Lemster).

Foto: Ingo Pertramer

Wien – Roman Freigaßner-Hauser ist der Instant-Meister für klassische Bühnenstoffe. So ausufernd und komplex können Mythen und Sagen gar nicht sein, dass sie in seinen Händen am Ende nicht in neunzig Minuten Erzählzeit Platz fänden. Seit 2003 ist Freigaßner Chefdramaturg des Rabenhofs und hat dort, in Kooperation mit dem Theater der Jugend, eine Kindertheaterschiene mitaufgebaut.

Ob die Argonauten, Troja, Frankenstein oder jetzt Die Nibelungen, es wird unter großen Verlusten eingedampft auf reduzierte Eigenkreationen, die zum Originalstoff jeweils eine mühelos erkennbare, aber doch entfernte Verwandtschaft unterhalten.

Die Protagonisten aus Die Nibelungen inszeniert Freigaßner als jugendliche Peer-Group. Jeder Teenager kann sich mit ihnen identifizieren (für Besucher ab elf Jahren). Nachdem man sich anfangs über die provokant stereotypen Geschlechterrollen wundert – Kriemhild als Kicherliesl (Rina Juniku), Siegfried als ein sich mit Heldentum überidentifizierender Kraftmeier (Lennart Lemster) – werden diese konterkariert und teilweise gebrochen. Einzig Brunhild (Saskia Klar) ist und bleibt eine kampflustig kühne Walküre mit hart bandagiertem Kleid und Haar (Kostüme: Julia Klug).

Schnelle Mikroszenen

Anspielungen an derzeit Furore machende Mittelalter-affine Epen wie Game of Thrones oder Vikings sind unübersehbar. In schnell geschnittenen Mikroszenen galoppiert die Geschichte um den wertvollen Ring, das Königreich Burgund und die Liebe unter Herrscherleuten voran. Deutsche Eichen schieben sich herein, Nebel zieht auf, auf Pappmachéfelsen werden Schwerter geschmiedet oder stützt der machtgierige Hagen von Tronje (Bernhard Majcen) dann und wann seinen Kopf ab.

Niedere Instinkte

Wer nicht alle Referenzen versteht, befindet sich in bester Gesellschaft, denn die Wölsungen-Blaublütler selbst erweisen sich als wenig gebildet. König Sigmund etwa hat noch nie etwas von Achills verwundbarer Ferse gehört ("Ich bin doch kein Orthopäde!").

Elfenkönig Alberich (Oka Cömert) hütet den fluchbeladenen Nibelungenschatz, und lässt keine Gelegenheit aus, auf die niederen Instinkte des Menschengeschlechts zu spucken. Über Schmäh verfügt der Abend durchaus, auch das Sprachspiel scheut keine Niederungen ("Walküre" reimt sich mit "gratulüre"). Ein wenig simpel war es indes auch. (Margarete Affenzeller, 5.12.2017)