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Aufgewärmt oder rückwärtsgewandt: So lässt sich das meiste, was bisher aus dem Bildungsprogramm von ÖVP und FPÖ bekannt wurde, zusammenfassen.

In die Kategorie Rückwärtsgang fällt die Notenpflicht in der Volksschule. Es soll zurückgenommen werden, was SPÖ und ÖVP gerade erst beschlossen haben: Von der ersten bis zur dritten Klasse muss es keine Ziffernnoten geben. Wie die Schülerleistungen beurteilt werden, entscheiden Lehrer und Eltern am Schulstandort.

Diese Änderung wurde den Schulen nicht übergestülpt, vielmehr war es Bürokratieabbau, den Türkis und Blau ansonsten stets loben. Schon vor der Reform gab es 2000 Schulversuche zur Abschaffung der Noten – und das bei 3000 Volksschulen. Mit dem Gesetz fiel für die Schulen die Notwendigkeit weg, einen Schulversuch anmelden zu müssen.

Jetzt die Ziffernnoten wieder zur Pflicht zu machen ist also kein Wunsch der Betroffenen, dem ÖVP und FPÖ nachkommen. Es ist ein symbolischer Schritt, um dem Leistungsanspruch gerecht zu werden, den die beiden vor sich hertragen. Dahinter steckt ein uraltes Pädagogikverständnis, demzufolge Kinder nur "das richtige Leben" kennenlernen, wenn sie zwischen "Sehr gut" und "Nicht genügend" beurteilt werden.

Dabei sind alternative Leistungsbeurteilungen keineswegs leistungsfeindlich. Im besten Fall wird das Feedback von den Lehrerinnen und Lehrern so formuliert, dass die Schüler wissen, wo genau sie sich im nächsten Jahr noch verbessern können und was sie gut machen. Davon abgesehen, zeigen mehrere Studien, dass die Notengebung nach Ziffern keineswegs so objektiv ist, wie sie vorgibt. Lehrer beurteilen die gleichen Leistungen höchst unterschiedlich.

Was fehlt, ist viel

Aus der Rubrik der aufgewärmten Reformideen kommt die Abschaffung der siebenteiligen Notenskala an den Neuen Mittelschulen. Noch Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat vor eineinhalb Jahren eine Arbeitsgruppe mit der Überarbeitung beauftragt.

Ebenfalls nicht neu ist das "Bekenntnis zum Ausbau der Ganztagsschule". Viel bleibt den Koalitionsverhandlern da auch nicht übrig: Die zusätzlichen 750 Millionen Euro bis 2025 hat der Bund den Ländern bereits zugesagt. Auch auf das zweite Kindergartenjahr "für die, die es brauchen", hat sich schon die rot-schwarze Bundesregierung geeinigt.

Das führt zu dem, was fehlt. Und das ist viel. Zwar wird die Qualität in der Kinderbetreuung beschworen. Ein Bekenntnis zu einer akademischen Ausbildung für Kindergartenpädagogen gibt es aber noch immer nicht.

In den Schulen müssten die Koalitionsverhandler nicht aus ihren ideologischen Schützengräben heraussteigen, um Qualitätsverbesserungen herbeizuführen. Die Bildungspflicht in Deutsch, Mathematik und Englisch, bei der Schüler bestimmte Ziele erreichen müssen, ist eine gute Idee der Verhandler. Am wichtigsten für das Schulsystem sind aber die Lehrer. Sie sollten besser ausgebildet werden, und wir sollten endlich auswählen, wer in den Klassen unterrichten darf.

Um mit den zunehmend heterogenen Klassen zurechtzukommen, brauchen die Schulen außerdem drei Dinge: Personal, Personal und Personal.

Aber das kostet – und zusätzliches Geld scheint es von ÖVP und FPÖ für die Polizei zu geben, aber nicht für Schulen. Das zeigt, dass die Prioritäten der kommenden Regierung nicht in der Bildung liegen. (Lisa Kogelnik, 27.11.2017)