In einem nach ihm benannten Nationalpark im US-Bundesstaat Oregon liegt er majestätisch vor den Augen des Betrachters – der Crater Lake, ein Kratersee des Vulkans Mount Mazama. 

Foto: AP/David Smigelski

Sehr ungewöhnlich ist nicht nur die tiefblaue Farbe des Wassers. Der See besitzt keinen Zu- und Abfluss, sondern wird allein durch Regen- und Schmelzwasser aus den umliegenden Bergen gespeist.

Geschichte des Sees

Um den bemerkenswerten See ranken sich jahrhundertealte Legenden und Mythen. Eine dieser Geschichten beschreibt die Entstehung des Sees:

Vor annähernd 8000 Jahren ereignete sich eine schicksalhafte Schlacht im südlichen Oregon. Auf dem Gipfel des Vulkans Mount Mazama stand Llao, der Gott der Unterwelt, und spie Magma und heißen Dampf in den nächtlichen Himmel. Skell, der Gott der irdischen Welt, schlug zurück, indem er Feuerbälle vom kalifornischen Mount Shasta gegen den Vulkan warf, bis der Gipfel von Mount Mazama zu Bruch gegangen war. Bei Tagesanbruch floh Llao zurück in die Unterwelt und Skell feierte seinen Sieg über den Widersacher, indem er den Vulkankrater mit Wasser füllte. Oregons Crater Lake war geboren.

Crater Lake mit Wizard Island
Foto: AP/Greg Funderburke

So jedenfalls erzählen die amerikanischen Ureinwohner vom Stamm der Klamath die Geschichte der Entstehung dieses herrlichen, unwirklich blaustrahlenden Kratersees. Und vielleicht ranken sich nicht zuletzt aufgrund dieser Entstehungsgeschichte verschiedenste Legenden um diesen See – von geisterhaften Lagerfeuern, die auf der unbewohnten Insel Wizard Island inmitten des Sees zu sehen sind, und anderen rätselhaften Erscheinungen. Abgesehen von diesen Erzählungen gibt es vor allem ein Phänomen, das den Crater Lake über die Grenzen Oregons hinaus bekannt gemacht hat: der alte Mann vom See.

Der alte Mann vom See

Der Old Man of the Lake ist ein Baumstamm. Das klingt zunächst nicht sonderlich aufregend, doch das Interessante an diesem Stamm einer uralten Hemlocktanne ist die Tatsache, dass er seit mehr als 100 Jahren senkrecht im Wasser des Sees treibt. Erste schriftliche Aufzeichnungen über den Old Man of the Lake finden sich im Jahr 1896.

Der alte Mann vom See.
Foto: Markgorzynski [cc;3.0;by] (Wikimedia)
Zeichnung des Baumstamms aus dem Jahr 1938.
Foto: Public Domain

Der Geologe Joseph S. Diller beschreibt den Baumstamm als etwa neun Meter lang und mit einem Durchmesser von annähernd 60 Zentimetern an der Wasseroberfläche. Und bis heute hat sich daran nichts geändert. Immer noch bewegt sich der Old Man, vom Wind angetrieben, über den See.

Dabei ist er mitunter erstaunlich rasch unterwegs. Im Jahr 1938 starteten die Naturforscher Wayne Kartchner und John Doerr eine drei Monate andauernde Kartierung der Wanderroute des Baumstamms durch den See. Die bemerkenswerte Auswertung ergab, dass der Baumstamm vom 1. Juli bis zum 30. September insgesamt etwa 100 Kilometer zurückgelegt hatte – davon an einem einzigen, ausgesprochen windigen Tag, mehr als sechs Kilometer.

Der alte Mann vom See besucht den Boots-Anlegeplatz.
Foto: Greg Willis [cc;2.0;by] (Wikimedia)

Doch warum treibt dieser Baumstamm aufrecht im Wasser und scheint jeglicher Verwitterung und Zersetzung zu trotzen? Die ursprüngliche Vermutung ging davon aus, dass die Tanne durch einen Erdrutsch in den See gelangt war und Felsen, die sich im Wurzelwerk verhakt hatten, den Stamm in seiner aufrechten Position stabilisierten. Das einzige Problem: Auch heute noch steht der Old Man senkrecht im Wasser, obwohl keine Wurzeln mehr vorhanden sind. Der Stamm ist perfekt ausbalanciert, kippt nicht, sinkt nicht, wird nicht zersetzt.

CBS Sunday Morning

Vermutlich trägt die Kälte des Wassers dazu bei, dass der Baumstamm nicht verrottet und die höhere Dichte des im Wasser befindlichen Stammteiles, dürfte für die gleichbleibende, aufrechte Position verantwortlich sein.

Scoot Girdner, ein Wasserbiologe, ist der Ansicht, dass der Old Man of the Lake mindestens 450 Jahre alt sein dürfte, wobei allerdings ungeklärt bleibt, wie lange er tatsächlich schon in den Fluten des Crater Lake umherwandert. (Kurt Tutschek, 29.11.2017)