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Christian Pilnacek

Foto: Reuters/Prammer

Wien/Linz – Wenn am 12. Dezember im großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichtes Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Personen auf der Anklagebank Platz nehmen, dann ist das ein "einzigartiger Fall", so der Sektionschef für Strafrechtsangelegenheiten im Justizministerium, Christian Pilnacek.

Verfahren gegen prominente Politiker habe es zwar schon in der Vergangenheit gegeben, aber noch nie habe sich die Anklage auf die aktive Zeit eines Ministers (Grasser, Anm.) bezogen, der als Minister der Korruption verdächtig ist. Und auch der Umfang mit 15 Angeklagten sei bei derartigen Prozessen ein Novum, erklärte Pilnacek. Er geht von einer Verfahrensdauer von einem knappen Jahr und Kosten in Millionenhöhe aus.

Wer die Kosten trägt

Dass die Armada der Staranwälte – viele Angeklagte leisten sich gleich zwei Verteidiger, wie etwa Grasser mit Manfred Ainedter und Norbert Wess – bei einem Freispruch die Kosten für die Steuerzahler noch einmal in die Höhe schnallen lässt, relativiert Pilnacek. Auch bei einem Freispruch würden pro Angeklagten maximal 5.000 Euro für Anwaltskosten und Nebenkosten (z.B. Kopien) vom Staat bezahlt.

Werden die Beschuldigten verurteilt, müssen sie neben ihren vollen Anwaltskosten noch die Aufwendungen für Sachverständigengutachten begleichen. Die Kosten für Privatgutachten tragen die Angeklagten ohnehin selbst.

Dass hier keine Waffengleichheit zwischen den zwei anklagenden Staatsanwälten und fast zwei Dutzend Rechtsanwälten bestehen würde, wird von Pilnacek dementiert. "Das war einer der Gründe warum wir die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geschaffen haben", so der Spitzenjurist im Gespräch mit der APA. Diese habe mit 40 Staatsanwälten und drei Außenstellen mittlerweile den Vollausbau erreicht. "Wir haben jetzt eine sehr schlagkräftige Staatsanwaltschaft", betont Pilnacek.

Keine Weisung

Dass es in prominenten Causen eine Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft an das Justizministerium gibt und dieses per Weisung in die Verfolgung der potenziellen Straftat eingreifen kann, spiele in der Causa Grasser jedenfalls keine Rolle. Auf die Frage, ob es in diesem seit Jahren anhängigen Fall zu einer Weisung gekommen ist, antwortete Pilnacek klar: "Nein, es gab niemals eine Weisung."

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) habe also nicht in die Ermittlungen mittels Weisung eingegriffen. Brandstetter war übrigens früher Verteidiger des nun mitangeklagten Ex-Immofinanz-Chefs Karl Petrikovics und hatte diesen auch vor Gericht vertreten.

Und auch jetzt werde sich das Justizministerium aus der Causa raushalten, kündigt Pilnacek an. "Es gibt nichts zu berichten (...) wir sind genauso Beobachter wie alle anderen", so der Spitzenbeamte. Einen klassischen "Kronzeugen" wird es bei dem Mammut-Gerichtsverfahren rund um den Verkauf der Bundeswohnungen in Wien und der Einmietung der Finanzbehörden in den Terminal Tower in Linz nicht geben.

Unverständnis über Verhältnismäßigkeit der Strafen

Es sei aber jedem Angeklagten unbenommen, durch ein umfassendes Geständnis das Strafmaß zu mindern, so der Sektionschef, der zuvor als Richter und Oberstaatsanwalt tätig war. Als Leiter der Sektion IV (Strafrecht) obliegt ihm unter anderem die Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften.

Dass es in Promifällen immer wieder Kritik an den – für manche zu milden – Urteilen gibt, relativiert Pilnacek. So werde das Urteil gegen Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden im Zuge eines Finanzskandals von vielen als deutlich zu streng angesehen. Allgemein sei festzustellen, dass es ein Unverständnis über die Verhältnismäßigkeit der Bestrafung von Sexual- und Gewaltdelikten in Relation zu den oft langjährigen Haftstrafen für Wirtschaftsdelikte gäbe. Hier könnte es durchaus Reformen im Verfahrensrecht geben, um die Höhe der Strafe genauer zu begründen. (APA, 26.11.2017)