Wohnen auf gut durchdachtem Raum ist bei Wohnwagon heute schon möglich.

Foto: Wohnwagon

Das Start-up Ten Fold Engineering tüftelt aktuell noch an seinem Containerhaus herum, das sich selbst per Knopfdruck auf- und abbaut.

Foto: Ten Fold Engineering

Dazu, wie wir in Zukunft bauen und wohnen werden, gibt es viele Ideen. Aus den USA kommt die Tiny-House-Bewegung, bei der sich Bewohner auf ein Minimum an gut durchdachter Wohnfläche reduzieren. Und in Großbritannien entwickelt das Start-up Ten Fold Engineering gerade Häuser, die per Knopfdruck aufgebaut werden können.

Letzteres soll sogar ohne menschliche Muskelkraft durch ein System aus Winden, Scharnieren und Federn, die Wände und Böden beim Aufbau innerhalb weniger Minuten in eine zuvor festgelegte Position bewegen, möglich sein. Und das britische Unternehmen versichert, dass ein Ab- und späteres Wiederaufbauen ebenso unkompliziert möglich ist. Die Häuser könnten auch bei Katastropheneinsätzen Menschen rasch wieder ein Dach über dem Kopf bieten, heißt es bei Ten Fold Engineering. Heute ist das freilich noch Zukunftsmusik: Sechs Prototypen der Containerhäuser gibt es, spätestens ab Jahresende 2018 sollen die Häuser dann über ein Franchisesystem auf der ganzen Welt erhältlich sein, in Europa vielleicht schon früher.

Was es in Österreich heute schon gibt, sind sogenannte Tiny Houses, also Kleinsthäuser. Nicht nur immer mehr Häuslbauer machen sich darüber Gedanken, wie sie ihre Wohnfläche – und damit die Kosten für ihr Eigenheim – reduzieren könnten. Auf den Zug sind Unternehmen aufgesprungen, die Minihäuser in unterschiedlichsten Formen anbieten. Der selbsternannte Volks-Rock-'n'-Roller Andreas Gabalier zum Beispiel ist seit zwei Jahren Eigentümer des Grazer Unternehmens Microloft, das Fertigteilhäuser in Holzriegelbauweise anfertigt.

Do-it-yourself-mikrohäuser

Auch Theresa Steininger spielt seit zwei Jahren in der Tiny-House-Branche mit: 26 Wohneinheiten mit Größen zwischen 15 und 33 Quadratmeter hat sie bisher mit ihrem Unternehmen Wohnwagon österreichweit verkauft. Ihre Wohneinheiten stehen auf Rädern und werden fixfertig auf den Bauplatz geliefert – und können, zumindest theoretisch, bei einem Wechsel des Wohnortes wieder mitgenommen werden.

Die Wartezeit auf einen Wohnwagon beträgt aktuell acht Monate. Je nach angestrebtem Grad der Autarkie, Größe und Ausstattung – auf Wunsch werden die Wohnwagons auch fertig möbliert geliefert – liegen die Kosten bei bis zu 150.000 Euro.

Preise, die die Kundschaft nicht abschrecken: "Die Nachfrage ist ungebrochen", berichtet Steininger – und zwar von einem bunt gemischten Publikum. Rund ein Drittel der Wohnwagon-Besitzer würde sein Minizuhause permanent bewohnen, ein weiteres Drittel als Ferienhaus. Mittlerweile bietet Steininger auch Do-it-yourself-Workshops für Häuslbauer an. Auch bei den Behörden werde das Thema langsam bekannter: War in manchen Gemeinden früher die Autarkie der Häuschen noch ein Problem, weil trotzdem ein Kanalanschluss verlangt wurde, so würde die Toleranz für diese Wohnform mittlerweile steigen.

Belebung des Landes

Immer öfter werde sogar mit Gemeinden zusammengearbeitet, um geeignete, teilweise temporär nutzbare Grundstücke für die kleinen Häuser zu finden. Denn die Tiny Houses würden sich vor allem für den ländlichen Raum eignen, ist Steininger überzeugt. Im Sommer erst sei ein Wohnwagon nach Vorarlberg gegangen, wo sich ein junges Paar das Häuschen neben einen in die Jahre gekommenen Bauernhof gestellt hat, der nicht mehr bewirtschaftet werden konnte.

Was die Tiny-House-Fans eint: Sie sind auf der Suche nach Unabhängigkeit, gleichzeitig aber nach Gemeinschaft, erzählt Steininger: "Bei so wenig Platz muss das Wohnen neu gedacht werden." Für Feste oder die Werkstatt bleibt nämlich kein Platz, diese Funktionen würden dann auf Gemeinschaftsflächen ausgeweitet.

Abstriche erforderlich

Der Bausachverständige Günther Nussbaum, bekannt aus der ATV-Serie "Pfusch am Bau", sieht all diese Wohnformen kritisch: "Im Endeffekt ist eine Gleichwertigkeit zu einem normalen Haus hier nicht gegeben", urteilt er. Denn wer sich leicht transportable Häuser kaufe, müsse Abstriche machen, etwa bei Bautechnik, Wohnkomfort oder der Raumaufteilung.

Bei Häusern mit hydraulisch oder mechanisch aufklappbaren Elementen kämen zudem Stahlbauteile zum Einsatz: "Und das ist thermisch in unseren Breiten schwierig", so Nussbaum. Containerhäuser, wie sie Ten Fold Engineering entwickelt, gebe es auf Großbaustellen für Bauarbeiter. Dass daraus auch Wohnhäuser im großen Stil werden könnten, kann Nussbaum sich aber nicht vorstellen. Zudem müsse man diese Containerhäuser zumindest in einer Kleinserie fertigen, damit sie wirtschaftlich sind.

In Österreich sei nicht nur der normative Standard hoch, sondern auch das Komfortbedürfnis: "Die Mitteleuropäer wollen keine Wärmebrücken mit Schimmel", zudem würden selbst Menschen mit begrenztem Budget heute so ökologisch wie möglich wohnen wollen: "Und wer braucht in Österreich ein Haus, mit dem man ständig umziehen kann, wirklich?" (Franziska Zoidl, 5.12.2017)