DER STANDARD

Jahrelang war es der mühsamste Teil des Weihnachtsfests: Weihnachtsbaum kaufen gehen mit meinem Vater. Als einer jüdischen Familie, die sich entschlossen hatte, den 24. Dezember mit den anderen mitzufeiern, weil man das hier so macht, Geschenke etwas Schönes sind und die Kinder sonst als Einzige nichts nach den Feiertagen zu erzählen hätten, wurde bei uns traditionell alles auf den letzten Drücker erledigt.

Am 24. Dezember spätvormittags stand Jahr für Jahr der Kauf des Baumes an. Als Teenager in der Hochpubertät keine schöne Pflicht, insbesondere weil diverse Partyveranstalter den Abend des 23. für sich reklamierten. Zudem gestaltete sich die Suche nach der Tanne langwierig. Brauchbare Bäume gibt es am 24. nur mehr in überschaubarer Zahl. Mein Vater wollte nie zu viel ausgeben, mir ging es allein um die Größe und Buschigkeit. Jahre später fiel mir auf, dass Weihnachten ohne diesen gemeinsamen Einkauf nicht das Gleiche war.

Die Gespräche wurden intensiver, die Freude, einander zu sehen, größer. Plötzlich war ich es, der darauf beharrte, gemeinsam einen Baum zu suchen. Dann war er schwer krank, und wir beide wussten, es wird das letzte Mal sein. Noch einmal diese Geborgenheit. Nun ist er nicht mehr da. Den Baum kaufe ich noch immer am 24. spätvormittags, mit meinen Kindern. Die Größe ist das Wichtigste. Und immer denke ich: Welchen hätte er wohl genommen?