Schwarz und Blau sind zwei unterschiedliche Farben, und die seinerzeitige Schwarz-Blau-Koalition zeigte wenigstens erkennbare Unterschiede zwischen den beiden Partnern. Aber Türkis und Blau? Sie fließen ineinander zu einem undefinierbar einheitlichen Türkisblau. Wie das aussieht, zeigt die schnelle Einigung darüber, wie wir künftig mit Flüchtlingen umgehen werden. Nämlich so schäbig, dass den anständigen Konservativen in der ÖVP eigentlich die Schamröte ins Gesicht steigen müsste.

Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte bundesweit auf 560 Euro monatlich. Asylberechtigte sind Menschen, die einwandfrei nachweisen konnten, dass sie in ihrem Herkunftsland persönlich verfolgt und an Leib und Leben bedroht werden. Eine Abschiebung käme einem Todesurteil gleich. Grundversorgung praktisch nur noch in Form von Sachleistungen, also ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen, plus vierzig Euro Taschengeld. Dazu strenge Auflagen in puncto Bewegungsfreiheit. Arbeiten und sich selbst erhalten verboten. Kein großer Unterschied zu einem Gefängnis. Und die Möglichkeit, die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen, erst nach zehn Jahren Aufenthalt.

Das Gesellschaftsbild, das dahintersteht, ist eindeutig: "wir" und "die anderen". "Die anderen" wollen wir nicht und zeigen ihnen das auch. Gut, wir können nicht alle aufnehmen. Aber diejenigen, die schon hier sind und auch hierbleiben werden, auf lange Zeit aus unserem "wir" ausgrenzen und in eine elende Parallelgesellschaft verbannen? Integration verlangen und diese gleichzeitig praktisch unmöglich machen? Haben wir vergessen, dass diese "anderen" – Zuwanderer, Flüchtlinge, Migranten – in den vergangenen Jahrzehnten Österreich unendlich viel gegeben haben, sowohl wirtschaftlich als auch kulturell? Leistung muss sich lohnen, sagt Sebastian Kurz gern. Wie jeder, der mit Flüchtlingen zu tun hat, weiß, gibt es bei diesen ein gewaltiges Leistungspotenzial, auf das wir mit unserer türkisblauen Politik bewusst verzichten.

Unsere Regierungsverhandler haben klargemacht, dass sie nicht davor zurückschrecken werden, viele Menschen in bittere Armut zu stürzen, und gleichzeitig nichts dagegen haben, wenn sehr Reiche Milliarden in Steuerparadiese auslagern. Besonders provokant ist es, wenn sie sich dabei auf christliche Werte berufen. Heinz-Christian Strache, der mit einem großen Kreuz wedelt, ist noch in allgemeiner Erinnerung. Christlich heißt für seinesgleichen offensichtlich so viel wie islamfeindlich. Wer Muslime hasst, ist nach dieser Logik ein guter Christ.

Was von der neuen politischen Linie – die Armen bekämpfen, die Reichen bedienen – zu halten ist, haben vor kurzem die drei letzten Caritas-Präsidenten Michael Landau, Franz Küberl und Helmut Schüller in dankenswerter Deutlichkeit ausgesprochen: Sie ist ein Skandal. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 22.11.2017)