Vor allem seit Ausbruch der Flüchtlingskrise 2015 hält Kneissl mit ihren schonungslosen Analysen nicht hinterm Berg.

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Seit publik geworden ist, dass der Bundespräsident gegenüber blauen Ministeranwärtern im Zweifel von seinem Vetorecht Gebrauch macht, pusht FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache eine Expertin für die Spitze des Außenamts: Karin Kneissl, 52, studierte Arabistin sowie Fachfrau für Völkerrecht mit Spezialgebiet Naher Osten, aktuell für die FPÖ-Seite in der Koalitionsverhandlergruppe Europa & Außenpolitik beschäftigt.

Vor allem seit Ausbruch der Flüchtlingskrise 2015 hielt die Wienerin – der Vater war einst Pilot von König Hussein von Jordanien, die Mutter Stewardess – mit ihren schonungslosen Analysen nicht hinterm Berg – im ORF wie in der "Krone" und in der "Presse". Obwohl in den Neunzigerjahren im diplomatischen Dienst, konstatierte Kneissl etwa nach der berüchtigten Kölner Silvesternacht "einen Männerüberschuss" wegen der Aufnahme der vielen Flüchtlinge, der jenen "in China und Indien" noch übertreffe. Und überhaupt könne man als Europäerin, unverschleiert in der U-Bahn, von jungen Muslimen "rasch als Hure" bezeichnet werden – ob in Paris, Wien oder München unterwegs.

Testosteron als Antrieb für Umstürze

Schon 2012 erklärte die Publizistin mit Lehraufträgen aller Art, was Männer bei Umstürzen – von 1848 über den Arabischen Frühling bis zu Occupy Wall Street – so antreibt – und das habe "viel mit Biologie" zu tun: "Es ist das Hormon Testosteron." Doch Kritik bekam von Kneissl auch schon Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel ab ("grob fahrlässig" wegen ihrer Flüchtlings-Selfies).

Auch wenn man in türkisen Verhandlerkreisen Kneissls Beförderung zur Ministerin als "noch keine g'mahte Wiesn" bezeichnet, gilt die Proeuropäerin auch als hochkompatibel mit der ÖVP unter Sebastian Kurz. Einst Mitarbeiterin des schwarzen Säulenheiligen und Außenministers Alois Mock, lud man Kneissl vor nicht allzu langer Zeit zu einer Parteidebatte über die heimische "Leitkultur": Dort sprach sich die Islam-Kennerin gegen das Tragen von Kopftüchern im Kindergartenalter aus.

Falls es mit den Ministerwürden nicht klappt, hat Kneissl, ledig, jedenfalls genug zu tun – etwa auf ihrem kleinen Bauernhof in Seibersdorf, wo sie herrenlose Tiere beherbergt. In ihrem Heimatort saß sie als Unabhängige übrigens schon für die ÖVP fünf Jahre lang im Gemeinderat – und im Vorjahr fragte Strache bei ihr bereits einmal an, ehe er dann doch Norbert Hofer für die FPÖ ins Rennen um die Hofburg schickte. (Nina Weißensteiner, 20.11.2017)