Es ist eigentümlich. Die SPÖ quält sich mit einer Personalentscheidung, die auf der einen Seite nur sie etwas angeht – die aber auf der anderen Seite massive Auswirkungen auf Wien als zentrale Metropole des Landes haben wird und damit auf alle Wienerinnen und Wiener.

Wien ist ein historischer Sonderfall: Die Stadt hat seit 100 Jahren immer mehrheitlich links gewählt, und das meist mit satten Mehrheiten von rund 60 Prozent. Lange Zeit konnte man sich darauf im Grunde sogar fix verlassen. Aber diese Zeit ist vorbei. Das "Rote Wien", fast schon so etwas wie ein Weltkulturerbe, ist keineswegs mehr garantiert.

Innere Zerrissenheit

Sind die beiden Rivalen, die jetzt ihren Hut in den Ring geworfen haben, wirklich die besten Kandidaten für diesen Schlüsselmoment? In der SPÖ, gefangen durch ihre innere Zerrissenheit, ist im Moment die zentrale Frage, wer die Mehrheit bei den Funktionären gewinnen kann. Aber in drei Jahren spätestens steht man vor einer Frage, die ein wenig heikler ist: Wer kann die Mehrheit bei den Wählern gewinnen?

Und hinter diese Frage steht auch noch, lose verbunden, die Frage nach der klügsten strategischen Orientierung. Und die ist weniger einfach zu beantworten, als die beiden Flügel der Wiener SPÖ glauben. (Robert Misik, 19.11.2017)