Auftaktkonzert des Kulturjahres Österreich/Albanien 2018 im Wiener Konzerthaus.

Foto: Adelheid Wölfl

Wien – So entspannt konnte man Reinhold Mitterlehner noch selten sehen. Die albanische Sängerin Inva Mula und ihre Musikfreunde sorgten für ein glückliches Lächeln in seinem Gesicht. Auch der ebenfalls glücklich aus der Politik gegangene Heinz Fischer, der im ehemals großkoalitionären Sinne neben Mitterlehner saß, mag offenbar albanische Lieder. Am Donnerstagabend bei dem Auftaktkonzert des Kulturjahres Österreich/Albanien 2018 im Wiener Konzerthaus klatschte er sehr musikalisch mit.

Gekommen waren auch der albanische Präsident Ilir Meta und der Bürgermeister von Tirana, Erion Veliaj. Fischer meinte in seiner Rede, dass er "Albania and Austria" in alphabetischer Reihenfolge eine friedvolle Zukunft wünsche. Meta bedankte sich anlässlich des 105. Jahrestags der Gründung des albanischen Staates bei der Hilfe, die damals aus Österreich-Ungarn kam. Veliaj, der smarte Bürgermeister, erzählte, dass er mit dem Balkaneerten und engagierten österreichischen Botschafter Johann Sattler sowohl den Wien- als auch den Tirana-Marathon gelaufen sei.

Standing Ovations

Der Abend war vor allem wegen des Zusammenspiels der Musiker und Tänzer und wegen der spürbaren Freude des vorwiegend albanischen Publikums berührend. Am Ende gab es für Olen Cezari, der die Bogenhaare an seiner E-Geige zerfetzte und auch ein wenig tänzelte, für den Pianisten und Komponisten Genc Tukici, für die Streicher der Wiener Philharmoniker, für den intensiven und gleichzeitig sehr zarten Tanz der Primaballerina Maria Yakovleva und des Solotänzers Eno Peci, für den warmen Bariton-Ton von Gezim Myshketa, aber vor allem für Inva Mula, die 1963 in Tirana geboren wurde und durch ihre Interpretation der Arie aus Donizettis "Lucia di Lammermoor" in Luc Bessons Science-Fiction-Film "Das fünfte Element" bekannt wurde, Standing Ovations.

Auftakt zum albanischen Kulturjahr im Wiener Konzerhaus.
DER STANDARD

Mula war sichtlich gerührt und pflückte aus ihrem Blumenstrauß Rosen, um sie den Wiener Philharmonikern zu schenken, nachdem sie mit ihrer Version von "Guten Abend, gute Nacht" geendet hatte. Zuweilen waren im Konzerthaus im Hintergrund Fotos des albanischen Pjetë Marubi zu sehen. Wer die Porträts aus dem 19. Jahrhundert im Marubi-Museum in Shkodra gesehen hat, wird sie kaum mehr vergessen können. Marubi brachte es als überhaupt erster Fotograf in Albanien zustande, die Blicke der Menschen so zu fotografieren, dass sie die Lebensgeschichten erahnen lassen.

Photothek Marubi

In der Photothek Marubi in Shkodra, die allen Albanienreisenden zu empfehlen ist, findet auch 2018 die Fotoausstellung zu "100 Jahre Erster Weltkrieg" statt, die von einer Konferenz zu dem Thema im Jänner begleitet wird. Die nordalbanische Stadt Shkodra war von 1916 bis 1918 unter österreichisch-ungarischer Militärverwaltung, bis heute sind viele Bezüge zu Österreich vorhanden. Praktisch alle österreichischen Albanologen dieser Zeit beschäftigten sich mit Shkodra. Im Jänner wird deshalb auch das Buch "Wissenschaft im Spannungsfeld von Politik und Militär: Die österreichisch-ungarische Albanologie 1867–1918" von Kurt Gostentschnigg vorgestellt.

Seit drei Jahren bereits lenkt das österreichische Außenministerium seine Aufmerksamkeit im Rahmen des "österreichischen Kulturjahres" auf einen Staat Südosteuropas. Nächstes Jahr ist es Albanien. Der Grazer Albanologe Robert Pichler wird Fotos zeigen, die er in den 1990er-Jahren in dem damals noch weitgehend unerforschten Albanien gemacht hat und die die die turbulente Übergangsphase vom Kommunismus zur Demokratie in Albanien verdeutlichen. Die Wanderausstellung wird durch einige albanische Städte reisen.

Atelieraustausch

Im Laufe des Jahres ist auch ein Atelieraustausch zwischen Künstlern aus Salzburg und Tirana geplant. Und im April wird in Zusammenarbeit zwischen dem Dramaturgen Stefan Çapaliku und einem österreichischen Szenografen Alois Galle Arthur Schnitzlers "Reigen" inszeniert. Auch Werner Schwabs "Präsidentinnen" kommen in einer Inszenierung des Experimentaltheaters Kujtim Spahivogli in Tirana zur Aufführung.

In der Hafenstadt Durres – wegen der Strände auch die "Badewanne der Kosovaren" genannt – werden im Juli 15 Tage lang albanische und österreichische Musiker ein Kammermusikfestival gestalten. In den Kalender eintragen sollten sich Albanien-Reisende die Aufführung des Gustav Mahler Piano Quartett am 29. Juli im Onufri-Ikonenmuseum in der schönsten aller albanischen Städte, Berat. Es handelt sich um eine uralte orthodoxe Kirche in der Burgstadt von Berat, die allein schon als Raum eine ganz besondere Stimmung schafft.

Die Accademia della Musica Antica, österreichische Barockmusiker, werden im August in den Städten am Meer Vlora und Himara beim Vox Baroque Festival 2018 auftreten. Der österreichische Autor Karl-Markus Gauß wird einen Monat im Rahmen des Artist-in-Residence-Programms in Albanien verbringen und bei dem Literaturfestival Poeteka lesen. Im Oktober wird eine Anthologie der neuen österreichischen Prosa vorgestellt. Dazu wurden Werke österreichischer Autoren der letzten 50 Jahre ins Albanische übersetzt. 2018 gibt es also noch mehr Gründe, nach Albanien zu reisen. (Adelheid Wölfl, 17.11.2017)