Künstlerische Darstellung des Planeten Ross 128 b in unserer kosmischen Nachbarschaft.
Foto: ESO/M. Kornmesser

Grenoble/Wien – Der Rote Zwerg Ross 128 zählt mit einer Entfernung von knapp unter elf Lichtjahren schon heute zu den Nachbarsternen unseres Sonnensystems. Und er bewegt sich auf uns zu: Astronomen schätzen, dass dieser lichtschwache Zwergstern in gerade einmal 80.000 Jahren unser nächster Nachbar sein und damit Proxima Centauri in dieser Rolle ablösen dürfte.

Vergangenen Juli sorgte Ross 128 aber aus einem anderen Grund für einige Aufregung: Forscher hatten mit einem Radioteleskop in Puerto Rico mysteriöse Signale von dem Stern empfangen, die zu keiner bekannten natürlichen Quelle zu passen schienen. Es dauerte jedoch nicht allzu lang, bis neue Messungen die Hoffnungen mancher Beobachter auf einen Kontaktversuch einer außerirdischen Zivilisation zerschlugen. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren die Signale zwar tatsächlich künstlichen Ursprungs, wurden aber von ausgesprochen irdischer Technologie ausgesandt: Sie dürften von geostationären Satelliten stammen.

Zehn Tage hat das Jahr

Nun schafft es Ross 128 erneut in die Schlagzeilen, und diesmal aus einem wohl nachhaltigeren Anlass: Ein internationales Forscherteam hat einen etwa erdgroßen Planeten entdeckt, der um den Stern kreist und theoretisch Leben beherbergen könnte. Die Ross 128 b genannte Welt sei nach Proxima b, einem Exoplaneten um Proxima Centauri, der erdnächste Exoplanet mit gemäßigtem Klima, schreiben die Forscher um Xavier Bonfils von der Universität Grenoble Alpes im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics".

Eso-Video zur aktuellen Entdeckung.
European Southern Observatory (ESO)

Durch Beobachtungen mit dem Harps-Instrument (High Accuracy Radial velocity Planet Searcher) am La-Silla-Observatorium in Chile fanden die Forscher heraus, dass der Planet sein Muttergestirn in einer sehr engen Bahn umkreist: Er braucht für eine vollständige Umrundung nur 9,9 Tage. Ross 128 b könnte aber trotz dieser großen Nähe ein mildes Klima aufweisen: Die Oberflächentemperatur seines Sterns ist Berechnungen zufolge nur knapp halb so hoch wie die unserer Sonne, und der Planet erhält etwa 1,4-mal so viel Strahlung wie die Erde.

Suche nach Biomarkern

Bonfils und Kollegen schließen daraus, dass auf dem Exoplaneten durchaus lebensfreundliche Temperaturen im Bereich von minus 60 bis plus 20 Grad Celsius herrschen könnten. Ob sich Ross 128 tatsächlich in der habitablen Zone befindet, in der flüssiges Wasser auf der Oberfläche dauerhaft möglich wäre, ist noch nicht klar. Die Forscher zeigen sich aber zuversichtlich, in absehbarer Zukunft mehr über den Planeten herauszufinden: Das derzeit im Bau befindliche Extremely Large Telescope, das 2024 die Arbeit in der chilenischen Atacamawüste aufnehmen wird, soll in der Lage sein, nach Biomarkern in der Atmosphäre dieses und anderer Exoplaneten zu fahnden.

Animation: Flug durch das System Ross 128.
European Southern Observatory (ESO)

Lichtschwache Rote Zwerge bilden den am weitesten verbreiteten Sternentyp überhaupt und können mehrere Hundert Milliarden Jahre überdauern. In den vergangenen Jahren rückten diese alten, kleinen und kühlen Sonnen immer stärker in den Fokus der Astronomen: Viele von ihnen dürften Planeten beherbergen. (David Rennert, 15.11.2017)