Eine Kernbotschaft des Fehlzeitenreports 2017: Das Krankenstandsgeschehen ist dominiert von vielen, aber vor allem kurzen Krankenständen.

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Wie oft, wie lange und warum sind die Österreicher im Krankenstand? Antworten liefert auch dieses Jahr der Fehlzeitenreport des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), und zwar mit erfreulicher Nachricht: Im Vergleich zum Jahr 2015 kam es 2016 in Österreich zu einem leichten Rückgang der krankheitsbedingten Fehlzeiten. Die unselbständig Beschäftigten waren im Jahresverlauf durchschnittlich 12,5 Tage im Krankenstand, um rund 1,3 Prozent weniger als 2015 (12,7 Tage). Die Krankenstandsquote entspricht damit 3,4 Prozent (2015 waren es 3,5 Prozent).

Auch langfristig gesehen sei das Krankenstandsniveau in Österreich momentan vergleichsweise niedrig: 1980 erreichen die krankheitsbedingten Fehlzeiten ihren Höchstwert – pro Kopf fielen damals 17,4 Krankenstandstage an, und die Krankenstandsquote lag bei 4,8 Prozent. In den Jahren 1990 und 2000 waren die Beschäftigten durchschnittlich 15,2 Tage bzw. 14,4 Tage krankgeschrieben.

Frauen fehlen öfter

Unterschiede gibt es natürlich – zum Beispiel bei den Geschlechtern: Bei den Frauen ist die Krankenstandsquote mittlerweile höher als jene der Männer. Sie liegt außerdem über dem Durchschnitt. Als Grund dafür werden im Report einerseits Unterschiede in "biologischen Risiken" und der unterschiedlichen Belastung durch Risikofaktoren genannt, auf der anderen Seite aber auch beschrieben, dass Frauen und Männer ein unterschiedliches Körper- und Krankheitsbewusstsein aufweisen und deshalb spezifische Anforderungen an das Gesundheitssystem haben. Kurz gesagt: Frauen gehen bei Krankheit öfter auch tatsächlich in den Krankenstand als Männer.

Die langfristige Angleichung der Fehlzeiten von Männern und Frauen müsse jedenfalls vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungsprozesse sowie des Strukturwandels auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft insgesamt betrachtet werden, heißt es im Report. Dass mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt sind, mache sich nunmehr auch in jenen Altersgruppen bemerkbar, in denen überdurchschnittlich hohe Krankenstandsquoten verzeichnet werden: Das Segment der 50- bis 59-Jährigen ist bei den weiblichen Versicherten im letzten Jahrzehnt stärker gewachsen, als es bei den Männern der Fall war. Gleichzeitig kam es zu einer Verlagerung der Wirtschaftsaktivitäten auf den Dienstleistungsbereich und zu tiefgreifenden technologischen und organisatorischen Veränderungen in den Güter produzierenden Bereichen. In den männerdominierten Branchen der Industrie und des Bauwesens gingen die Krankenstandsquoten in dieser Zeit überproportional zurück.

Schwerpunktthema waren dieses Jahr die älteren Arbeitnehmer. "Sowohl die Sozialversicherung als auch die Betriebe setzen hier bereits viele Präventionsmaßnahmen um. Die Analyse der Fehlzeiten ist dabei ein wichtiger Ansatzpunkt, unsere Präventionsaktivitäten zielgerichtet noch weiter auszubauen. Gerade, wenn es darum geht, ältere Menschen im Erwerbsleben zu halten, braucht es gemeinsame Anstrengungen der betrieblichen Akteure sowie entsprechende Rahmenbedingungen", sagt Alexander Hagenauer, stellvertretender Generaldirektor im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Ältere Arbeitnehmer im Fokus

Die über 50-Jährigen verbringen zwar aufgrund von längeren Krankenstandsfällen im Durchschnitt mehr Zeit im Krankenstand als Jüngere, der Anteil der Personen, die im Jahresverlauf erkranken, ist aber in allen Altersgruppen etwa gleich groß. In Bezug auf Leistungsfähigkeit und Produktivität zeigt sich ein sehr differenziertes Bild, wonach mit zunehmendem Alter Veränderungen, aber keineswegs nur Verschlechterungen eintreten. Die Ergebnisse würden außerdem zeigen, dass die Erwerbsbeteiligung Älterer in weiten Teilen durch den Einsatz von alters- und alternsgerechten Maßnahmen gestaltbar ist.

"Gesunde und sichere Arbeitsplätze sind der Motor des wirtschaftlichen Erfolgs, und die Arbeitnehmer gewinnen gesunde Lebensjahre", sagt Alexander Heider, Leiter der Abteilung Sicherheit, Gesundheit und Arbeit in der Arbeiterkammer Wien. "Voraussetzung dafür ist, dass die Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht ernst nehmen, die Evaluierung physischer und psychischer Arbeitsbelastungen durchführen und Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten auch umsetzen. Für über 50-Jährige sind beispielsweise Arbeitsanforderungen mit weniger starkem Zeitdruck und mehr Pausen für Erholung altersadäquat."

Auch weniger Arbeitsunfälle

Erfreulich war für die Verfasser des Fehlzeitenreports auch der rückläufige Trend bei Arbeitsunfällen: Die Unfallquote der Beschäftigten erreichte 2016 mit 3,2 Prozent einen historischen Tiefststand und hat sich seit 1974 (7,6 Prozent) um 58 Prozent mehr als halbiert. "Das ist vor allem dem Engagement unserer Betriebe im Arbeitnehmerschutz zu verdanken", sagt Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit der Wirtschaftskammer Österreich.

Während der Anteil von Verletzungen an Krankenständen abnahm, kommen Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und jene des Atemsystems am häufigsten vor: Zusammen verursachen diese Erkrankungen rund 50 Prozent der Krankenstandsfälle und 42 Prozent aller Krankenstandstage. Eine letzte gute Nachricht: Erstmals seit zehn Jahren kam es zu keinem weiteren Anstieg der Zahl der psychischen Erkrankungen. (lhag, 14.11.2017)