Das generelle Rauchverbot tritt im Mai 2018 in Kraft – beschlossen wurde es bereits 2015.

Foto: APA/Helmut Fohringer

Wien – Lange konnte im Café Prückel zur Melange gequalmt werden, in den letzten Jahren in einem Bereich hinter einer Glaswand. Seit zirka einem Jahr besteht in dem Kaffeehaus an der Wiener Ringstraße aber ein generelles Rauchverbot, wie es laut aktueller Gesetzeslage ab 1. Mai 2018 für die gesamte Gastronomie in Österreich gilt.

Alle zwei Jahre umbauen, weil wieder ein neues Gesetz im Raum steht, das fürchtet der Vertreter der Gastronomen in der Wirtschaftskammer. Erwin Scheiflinger will, dass das Gesetz bleibt wie es ist. Lungenfachärzte sehen das anders.
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Prückel-Chefin Christl Sedlar findet es so "viel besser – für das Personal, die Gäste, einfach alle", sagt sie. Einbußen durch ausbleibende Raucher, wie sie manch anderer Gastronom durch das Verbot befürchtet, habe sie keine gehabt. "Bei mir ist es umgekehrt: Vorher sind viele weggegangen, die keinen Platz im Nichtraucherbereich gefunden haben." Egal, was künftig auch geschehe, "wir ändern das nicht mehr zurück".

Ob die künftige Regierung das im Juli 2015 beschlossene Gesetz vielleicht wieder ändert – was dem europäischen Trend zu generellen Rauchverboten in der Gastronomie zuwiderlaufen würde -, kann Sedlar also egal sein. Seit einigen Tagen sorgt das Thema rund um die Koalitionsverhandlungen jedenfalls für heftige Spekulationen. Mehrere Medien – zuerst Österreich, dann der Kurier – spekulierten bereits über das Aus des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie.

"Schikanöse Maßnahmen"

Nur: Sowohl in der ÖVP als auch bei den Freiheitlichen heißt es, dass darüber noch gar nicht verhandelt worden sei. Wer wofür steht, ist aber sattsam bekannt. Die FPÖ hatte in ihr Wahlprogramm geschrieben, dass man "schikanöse Maßnahmen" im Tourismus und der Gastronomie zurücknehmen müsse, und dabei auf das von der rot-schwarzen Regierung beschlossene Rauchverbot verwiesen. Dieses habe "teils erhebliche Investitionen in die Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen mit einem Schlag vernichtet", heißt es im blauen Programm.

Seit 1. Jänner 2009 gilt ein "grundsätzliches" Rauchverbot in Lokalen mit Ausnahmen für abgetrennte Raucherzimmer und kleine Gaststätten. 2004 war dem ein Beschluss der freiwilligen Selbstverpflichtung zur Errichtung von Nichtraucherzonen vorausgegangen.

ÖVP: "Nicht infrage stellen"

Von ÖVP-Chef Sebastian Kurz ist bisher nicht bekannt, dass er am Inkrafttreten des Gesetzes im Mai 2018 etwas ändern möchte. Im Büro des Außenministers will man auf STANDARD-Anfrage keine Einzelthemen kommentieren. Auf Fragen interessierter Bürger hält man auf Facebook aber fest: "Nach jahrelangen Diskussionen und Zwischenlösungen hat man sich im Jahr 2015 mit dem generellen Rauchverbot in Lokalen auf eine Lösung geeinigt. Um die Betroffenen nun nicht wieder zu verunsichern, werden wir unsererseits diese Entscheidung, die mit drei Jahren Vorlaufzeit im Mai 2018 überhaupt erst in Kraft tritt, nicht infrage stellen."

Unterschiedliche Stimmen

Freilich gibt es auch im schwarzen Wirtschaftsbund beziehungsweise in der Wirtschaftskammer Vertreter, die auf Wahlfreiheit für die Gastronomen pochen. Wohin die Reise geht, ist aber noch unklar. "Ich bin auch gespannt, wie unsere Position dazu lautet", sagt ein ÖVPler, der nicht genannt werden will. Der ÖVP-dominierte Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat sich am Freitag "aus gesundheitspolitischen Gründen" jedenfalls auch dagegen ausgesprochen, das für Mai 2018 beschlossene Rauchverbot in der Gastronomie wieder aufzuheben.

Aufschrei der Mediziner

Für Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda wäre ein Kippen des Verbots "völlig unverständlich und medizinisch unverantwortlich", wie er sagte. Ein Aufschrei ertönte auch von Vertretern der Krebshilfe, Onkologen und Lungenfachärzten. Rauchen sei für ein Drittel aller Krebserkrankungen verantwortlich, was jährlich 13.000 Neuerkrankungen in Österreich entspreche, rechnete Sevelda vor.

Über dem OECD-Schnitt

Eine deutliche Sprache sprechen denn auch die Zahlen des am Freitag veröffentlichten Berichts "Gesundheit auf einen Blick 2017"von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dieser legt dar, dass der Raucheranteil in Österreich, der bei 24 Prozent liegt, seit dem Jahr 2000 auf gleichem Niveau geblieben ist. In nur fünf Staaten im 34-Länder-Vergleich liegt die Raucherrate darüber: Indonesien an der Spitze, gefolgt von der Türkei, Griechenland, Ungarn und China.

Gegen internationalen Trend

Im OECD-Schnitt hat die Zahl der täglich rauchenden Menschen im untersuchten Zeitraum deutlich abgenommen – von gut einem Viertel auf 18,4 Prozent (14 Prozent Frauen, 23 Prozent Männer). Österreich gehört zu den Ländern mit der höchsten Rate nikotinabhängiger Frauen (mehr als jede Fünfte raucht). Deutschland liegt zwar insgesamt auch weiter über dem OECD-Schnitt, konnte den Raucheranteil in den vergangenen Jahren aber senken (auf 20,9 Prozent). Bei den nördlichen Nachbarn gilt seit zehn Jahren ein generelles Rauchverbot in Lokalen.

Für strengere Verbote

Als Maßnahmen zur Senkung der Raucherzahlen in Österreich würde die OECD neutrale Verpackungen, Informationskampagnen, mehr ärztliche Beratung und höhere Alterslimits für sinnvoll erachten. In einer länderspezifischen Kurzzusammenfassung heißt es weiters, dass Rauchverbote hierzulande "sehr viel strenger sein" könnten. Und es wird bemängelt, dass die Einführung eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie "erst Mitte 2018" schlagend wird. (Günther Oswald, Gudrun Springer, 10.11.2017)