Andy Borg, wieder im TV: "Es gibt eigentlich kein schlechtes Lied ...

Foto: ATV / Joensson

... Das ist halt Geschmackssache."

Foto: ATV / Joensson

STANDARD: Sie starten am Sonntag "Beim Andy" auf ATV, mit Stoakogler-Reunion und anderen Höhepunkten Ihres Genres. Wird das den ORF bereuen lassen, dass er Sie verabschiedet hat und den "Musikantenstadl" bald danach abgedreht?

Borg: Das weiß ich nicht. Dann müssten die sich das anschauen. Ich finde super, dass Sie vom Start sprechen – das ist noch keiner. Das ist ein Pilot. Wir stellen das dem Publikum vor und das Publikum entscheidet.

STANDARD: Und wann hat das Publikum sich dafür entschieden – oder anders gefragt: Was sind die Quotenerwartungen?

Borg: Ich habe keine. Da müssen Sie die bei ATV fragen. Wenn’s nach mir geht, ist das schon erledigt, dann geht’s schon weiter.

STANDARD: Haben Sie vom Sender eine Maßzahl, die Sie erreichen müssen, damit es weitergeht?

Borg: Nein.

STANDARD: Sie reden nach der Pilotfolge einfach mal, ob und wie es weitergeht?

Borg: Ja. Das empfinde ich als sehr angenehm. Vor solchen Sendungsstarts wird viel geredet, um nicht zu sagen: gelabert, was am Tag nach der Sendung vielleicht hinfällig ist. ATV sagt von vornherein: Wir schauen uns das einmal an. Für ATV ist das ja auch ein Versuch, am Sonntagabend mein Publikum zu erreichen. Wenn es gelingt, können wir immer noch reden.

"Beim Andy" startet mit einer Soloeinlage des Gastgebers – einem Cover von Reinhard Fendrichs "I am from Austria".

STANDARD: Haben Sie über eine mögliche Frequenz gesprochen, wenn beide Seiten finden, "Beim Andy" soll weitergehen – monatlich zum Beispiel?

Borg: Nein.

STANDARD: Der Sendeplatz 21.15 Uhr ist eher ungewöhnlich, nach der Polizeiserie "Hubert und Staller". Bisher spielten Sie im Hauptabend.

Borg: 21 Uhr zählt für mich noch zum Hauptabend. Aber ja, die Sendezeit ist ungewohnt. Ich könnte mir vorstellen, bei ATV hat wer gesagt: Am Sonntag wissen die Leute, dass "Hubert und Staller" kommt. Wir würden das aber gern probieren. Also machen wir einen Kompromiss: Eine Folge "Hubert und Staller" und dann probieren wir den "Borg".

STANDARD: "Hubert und Staller" scheint bei ATV ja ganz gut zu laufen mit zuletzt 215.000 Zuschauern auf Ihrem Test-Sendeplatz.

Borg: Wunderbar, ich hab’ schon bei der Polizei angerufen, sie sollen bloß nicht überziehen.

STANDARD: Schauen wir ein bisschen über Sendung und Sendeplatz hinaus: Das bestimmende Thema der vergangenen Tage war sexuelle Belästigung, unter Stichworten wie #metoo und #notme. Als langjähriger Kenner der Branche: Wie sehen Sie denn das Thema in der volkstümlichen Musikbranche.

Borg: Ich warte jetzt ab, ob die Frage jetzt ernst gemeint ist, oder ob da noch die Pointe kommt.

STANDARD: Die Frage ist ernst gemeint.

Borg: Dazu kann ich nichts sagen. Ich bin a) ein Mann und b) ist mir das Gottseidank noch nicht passiert.

STANDARD: Und Sie haben’s auch nicht getan, nehme ich an.

Borg: Deshalb haben Sie auf ein Telefoninterview bestanden und nicht auf ein persönliches (lacht. Wieder ernst:). Man sollte jedem mit Respekt begegnen.

STANDARD: Noch eine Branchenfrage: Volksmusik, volkstümliche Musik ist ja geprägt von Themen wie Heimat, Tradition, und von sehr traditionellen Rollenbildern. Man kann das ideologisch ziemlich rechts verorten – wie etwa der Intendant des Wiener Konzerthauses, der erklärt hat, er würde Andreas Gabalier nicht auftreten lassen. Ist die Volksmusik rechts aus Ihrer Sicht?

Borg: Keine Ahnung. Ich kenne mich bei den Himmelsrichtungen nicht aus.

STANDARD: Rechts ist keine gängige Himmelsrichtung.

Borg: Ich finde die Aussage sehr weit hergeholt, gerade in der heutigen Zeit, wenn man sich die politische Landschaft so anschaut. Da hat Musik, und gerade unsere Musik, aber auch jede andere, gar nichts damit zu tun. Liedermacher vielleicht ausgenommen. Die Politiker haben ganz andere Aufgaben als wir. Unsere Aufgabe ist: In einem Augenblick eines Menschenlebens da zu sein, wenn der Mensch das braucht.

STANDARD: Konzerthauschef Matthias Naske hat seine Haltung gegenüber Gabalier so erklärt: "Man muss wissen, wer Gabalier ist und wofür er steht. ... Wir dienen auch keiner Ideologie."

Borg: Ich bin nicht in das Thema involviert, ich kenne auch den Herrn vom "Gesangsverein" nicht. Ich würde so etwas in der Öffentlichkeit nie sagen. Wenn ich jemand nicht in meiner Sendung wollte, würde die Person nicht gebucht. Wie der ORF damals gesagt hat, das mit dem "Stadl" ist uns zu verstaubt – okay.

STANDARD: Darüber sind Sie hinweg? Keine Kränkung?

Borg: Nein. Um Gottes Willen! Es gibt einfach Leute, die vertragen das nicht, mein Erscheinungsbild und meine Musik. Deswegen finde ich es auch ganz gut, dass wir die Sendung auf ATV "Beim Andy" nennen. Da gibt es keine Zweifel. Da kann mir keiner erzählen, dass er aus Versehen hineingezappt hat.

STANDARD: Motto: Sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt.

Borg: Genau.

STANDARD: Im letzten Dresdner "Tatort" wurden Volksmusiker nicht sehr vorteilhaft als etwas dümmlich und von Rauschmitteln beeinträchtigt dargestellt. Hat die Volksmusik ein Imageproblem?

Borg: Nein. Das hat halt ein Autor gut gefunden. Es gibt auch Comedians, die das auf die Schaufel nehmen – und nicht nur die Volksmusik. Seit ein paar Monaten scheint mir da aber der Trump Donald ziemlich weit vorne zu liegen.

STANDARD: Das heißt, das Bild trifft aus Ihrer Sicht auch nicht die Realität, sondern ist eine Überzeichung des Autors?

Borg: Hundertprozentig. Sicher machen sich Kollegen von Ihnen auch schmunzelnd über Eure Berichte lustig. Und genauso tun das wir untereinander – und merken dann: ups, das war jetzt daneben. Aber ein "Tatort" oder auch ein Comedian können nur etwas aufgreifen, von dem man spricht.

STANDARD: Das würde dann aber bestätigen, dass etwas dran ist und die Volksmusikbranche so ist, wie da dargestellt.

Borg: Wenn der Autor das so sieht, ist das in seinem Ermessen…

STANDARD: …aber es ist nicht Ihr Erleben der Volksmusikbranche.

Borg: Nein! Das ist mit der Quote mindestens so hart wie Euer Geschäft bei der Auflage. Wir haben mit dem Internet genauso zu kämpfen.

STANDARD: Was ist denn für Sie ein gutes Lied?

Borg: Wenn es mich berührt. Jedes Lied ist dazu da, jemanden zu berühren. Bei mir sind es Creedence Clearwater Revival, Status Quo, Smokie und so. Meine Kinder haben wieder andere Lieder. Eine Instrumentalnummer von David Garret, "Serenade", das ist ein Hammer. Das höre ich, wenn ich traurig bin.

STANDARD: Was ist ein schlechtes Lied?

Borg: Es gibt eigentlich kein schlechtes Lied. Das ist halt Geschmackssache. Meine Frau und ich sind sowas von konträr, was Musik betrifft, und auch das Essen. Meine Frau isst keinen Knoblauch, keinen Fisch, und ich liebe das…

STANDARD: Wie lange sind Sie verheiratet?

Borg: …und trotzdem kann man miteinander leben. Und bei der Musik ist es nicht anders.

STANDARD: "Beim Andy" ist aufgezeichnet, aber grundsätzlich: Was tun Sie unmittelbar vor einer Show? Wie wärmen Sie auf?

Borg: Wenn ich in der Garderobe die Moderationen noch einmal durchgehen würde, oder den Gesang, tät’s mich z’reissen – vor Nervosität, Lampenfieber oder was Ihnen an unschönen Wörtern dafür einfällt. Ich gehe raus, gehe zu den Leuten, ins Publikum, lasse mich fotografieren, anreden. Dann gehe ich noch einmal in die Garderobe, ziehe mich um, dann schaut bei TV-Sendungen die Maskenbildnerin drüber… Ein Ritual haben wir. Eine Sekunde, bevor ich die Bühne betrete, krieg ich von der Birgit ein Bussl – seit… 100 Jahren.

STANDARD: Die Birgit ist Ihre Frau?

Borg: Ja. Die mit dem schlechten Musikgeschmack (lacht). (Harald Fidler, 12.11.2017)