Der Spielplatz des Anstoßes in der Walterstraße, Berlin-Neukölln. Er soll – mit Verspätung – Ende des Jahres eröffnet werden.

Foto: Birgit Baumann

Evelyn geht oft mit ihrem Enkel Toni (4) in der Berliner Walterstraße spazieren. "Bald", sagt der Kleine und zeigt auf den neuen Spielplatz, den derzeit noch ein Bauzaun schützt. "Er freut sich darauf, hier zu spielen", erklärt seine Oma und fügt hinzu: "Es ist ja auch ein schöner Spielplatz."

Aber recht zufrieden sieht sie nicht aus, denn ein wenig mulmig ist ihr beim Gedanken, ihren Enkel hier bald toben zu lassen. "Es gibt so viel Hass", sagt sie.

Beate etwa mag den Platz nicht. Die junge Frau führt gerade ihren Hund aus und schaut finster. "Muss das sein? Schon wieder Islam? Mir ist das zu viel, es gibt doch auch schöne deutsche Märchen." Ihr Freund, sagt sie, habe auch seine Meinung zu dem Spielplatz. Die habe was mit Benzin und Streichhölzern zu tun. Mehr müsse sie jetzt nicht sagen.

Nicht der erste Spielplatz

Es sind unschöne Worte über etwas Buntes und Fantasievolles in dem zum Teil schmuddeligen und nicht einfachen Bezirk Neukölln, der über seine Grenzen hinaus als Stadtteil mit hohem Ausländeranteil bekannt ist. Ein Märchenspielplatz für 220.000 Euro entsteht da in der Walterstraße.

Es gibt deren mehrere in Berlin. Einer ist der Welt von Pipi Langstrumpf nachempfunden, auf einem anderen gelangen die Kleinen in die Welt von Käpt'n Blaubär. In der Walterstraße standen bis vor kurzem traurige marode Spielgeräte. Der Bezirk entschloss sich, den Platz zu sanieren, und fragte im Rahmen des üblichen Beteiligungsverfahrens die Kindergärten der Umgebung um ihre Meinungen und Wünsche.

"Tausendundeine Nacht"

Nicht weit weg liegt die Kita (Kindertagesstätte) Ali Baba, und die Kinder dort wünschten sich auf dem Spielplatz die Welt von Ali Baba und die 40 Räuber. Das Areal sollte also Bezug nehmen auf die berühmte Erzählung aus Tausendundeiner Nacht. Doch so mancher hatte rasch etwas anderes im Sinn. So kritisiert der Berliner AfD-Landtagsabgeordnete Carsten Ubbelohde: "Sogar die Kleinsten werden jetzt schon islamistisch indoktriniert."

Auch der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Burkard Dregger, meint: "Man könnte die Gestaltung natürlich als originell bezeichnen – oder auch ganz einfach als schwachsinnig. Vermutlich hat sich dieses doch sehr fragwürdige Projekt irgendein Beamter ausgedacht, der meint, er hätte damit einen Beitrag zur Völkerverständigung erreicht."

Keine Hemmungen gibt es im Internet. "Scheiß Islam. Da kack ich direkt in den Spielplatz", schreibt jemand auf der Facebook-Seite von Pegida. "Abfackeln dieses Ding" und "Kanister Benzin" heißt es dort ebenso.

"Cooler und bunter Spielplatz"

Fassungslos ist Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ob dieses Hasses. Sie findet die Debatte "absurd und an den Haaren herbeigezogen". Die Holzkuppel kröne nicht mal eine Moschee, sondern es handle sich um "eine orientalische Burg mit Basar". Ihr Rat: "Vielleicht sollten die Menschen, die jetzt hetzen, an ihre eigene Kindheit denken, als ihnen Ali Baba und die 40 Räuber vorgelesen wurde."

Peter kennt die Geschichte nur vom Hörensagen. Aber er hat überhaupt kein Problem, mit seinen beiden Söhnen nach der Fertigstellung den Spielplatz zu besuchen. "Wir sind hier in Berlin nun mal multikulti, da regt mich so was überhaupt nicht auf. Und außerdem", sagt er, "den Kindern ist das völlig egal. Die wollen nur einen coolen und bunten Spielplatz, und den bekommen sie hier jetzt mit Sicherheit." (Birgit Baumann aus Berlin, 10.11.2017)