Sätze bis vier sollen genügen.

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ATPWorldTour

Wien/Mailand – Borna Coric greift sich auf den Kopf. Das Service seines Gegners Jared Donaldson war nicht unerreichbar, kitzelte aber das Netz. "Let" heißt das im Fachjargon, der Aufschlag müsste eigentlich wiederholt werden. Nicht so bei den ATP Next Gen Finals in Mailand. Instinktiv dreht sich Borna weg, um kurz darauf zu merken: Da war doch was.

Beim Saisonfinale der besten Nachwuchsspieler traut sich die Profivereinigung etwas. Regeländerungen sollen den Sport für das Publikum vor Ort, aber auch vor dem TV attraktiver und kurzweiliger machen. Das Zusammentreffen der besten Spieler unter 21 Jahren ist eine Art Labor. Schon am ersten Tag wird auf dem Platz manchmal der Kopf geschüttelt. Tennis ist Wiederholung und Instinkt, der Spielrhythmus ändert sich. "Es ist ein guter Rahmen, die Änderungen in der Praxis zu testen. Manches macht auf jeden Fall Sinn," sagt Alexander Antonitsch, ehemaliger österreichischer Topspieler und Turnierveranstalter von Kitzbühel.

Kürzere Sätze und Spiele

Was also soll sich ändern? Die ATP setzt auf kürzere Sätze und kürzere Spiele. Matches über fünf Stunden könnten der langen Tennisvergangenheit angehören. Eine Partie geht demnach über drei gewonnene Sätze, ein einzelner Durchgang aber nur bis vier. Beim Stand von drei zu drei gibt es Tie-Break, der im klassischen Format bis sieben ausgetragen wird. Ergebnisse und Scoreboards sind gewöhnungsbedürftig. Für die Spieler bedeutet es, dass man nicht mehr langsam oder abwartend starten sollte. Gerade Dominic Thiem, Österreichs Nummer eins, war bekannt dafür, eher behäbig in ein Match zu gehen. Für das Publikum soll es kurzweiliger werden. Antonitsch versteht: "Wenn ein Spieler schon mit Doppelbreak vorne ist, muss man sich nicht mehr den ganzen Satz bis sechs geben."

Jedes Game soll gestrafft und die traditionelle Zählweise überholt werden. Beim Stand von 40:40 entscheidet der nächste Punkt. Das "No-Ad-Scoring" wird schon im Doppel angewendet. Davon ist Antonitsch nicht völlig überzeugt: "Es verkürzt die Games. Andererseits ist es schade, dass damit ein Spieler nicht mehr sechs Satzbälle hintereinander abwehren kann. Dadurch geht ein Spannungselement verloren."

Weniger Pausen

Überhaupt ist Zeit ja Geld. Publikum und Spieler sollen sich umgewöhnen. Kein Einschlagen vor dem Match, auch die Pausen werden kürzer. Beim Service sorgt eine Shotclock, ähnlich wie im Basketball, dafür, dass Spieler nicht zu lange verzögern. Antonitsch: "Den Spielern beim Einschlagen zuzusehen ist wirklich kein Spektakel. Das kann man sich sparen. Und warum manche Spieler nach zwei Assen ein Handtuch brauchen, bleibt mir sowieso ein Rätsel."

Tennis wird mehr zur Show, zum Spektakel. Bisher waren Zappelphilipps im Publikum nicht gern gesehen. Aufstehen oder Hinsetzen ist nur während Pausen erlaubt. Auch das soll sich ändern, freie Bewegung, abgesehen von einem Bereich hinter dem Aufschläger, möglich sein. Sonst wird auf Popkultur und Show gesetzt. Man will unterhalten und unterhalten werden. "Wir versuchen, in Kitzbühel den Unterhaltungswert zu steigern", sagt Antonitsch, "zum Beispiel mit einer Live-Band. Die ATP hat gefragt, ob wir auf Beachvolleyball machen wollen. Aber es geht um die Show." (Andreas Hagenauer, 9.11.2017)