Das erst vergangenen Herbst eröffnete Roheisenwerk der Voestalpine in Corpus Christi erlitt Schäden durch Hurrikan Harvey.

Foto: APA/Birgit Kremser

Wien – Das beste Halbjahr seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 beschert Wolfgang Eder gute Laune. Das entsprechende Zahlenwerk referiert der Voestalpine-Chef vor Journalisten in Wien deswegen ungewöhnlich rasch.

Kurz gesagt: Der weltweite Wirtschaftsaufschwung verleiht auch den Linzern eine kräftige Dynamik. In dem bis Ende September laufenden Geschäftshalbjahr 2017/18 konnte der Stahlkonzern bei allen relevanten Geschäftsdaten Zuwächse verbuchen. Der operative Gewinn (Ebit) legte um mehr als die Hälfte auf 584,2 Millionen Euro zu, der Nettogewinn stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 66,4 Prozent auf 388,9 Millionen Euro. Erstmals habe der Konzern auch wieder über 50.000 Mitarbeiter weltweit.

Die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise hält Konzernchef Eder nun endgültig für verdaut. "Erfreulich vor allem, dass sich Europa so schnell erholt. Das hätte man nicht erwartet."

Brummende Nachfrage

Vor allem die brummende Nachfrage der Automobilindustrie lässt die Kassen klingeln. Nicht zuletzt die höheren Preise, die für Spezialstähle erzielt werden konnten, trugen ihren Teil zum Umsatzplus von 16,5 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro bei. "Wir sehen zu drei Viertel einen Preiseffekt und zu einem Viertel einen Volumeneffekt, da wir mehr an unsere Kunden verkauft haben", sagt Finanzchef Robert Ottel.

Grafik: DER STANDARD

Erfreuliche Entwicklungen hinsichtlich der wiederholt beklagten Überkapazitäten und Billigimporten ortet Eder derzeit in China. Die Regierung in dem Land wolle nun offenbar tatsächlich Überkapazitäten in der Stahlindustrie, "die nicht mehr der Zeit entsprechen", abbauen. "Es scheint so, als ob die ersten 100 Millionen Tonnen stillgelegt werden. Das ist eine vernünftige Maßnahme, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Eder.

Etwas unwägbar, aber nicht unmittelbar bedrohlich, so schätzt der Konzernchef die Lage in den USA ein. Man unterschätze den Unsicherheitsfaktor amerikanische Wirtschaftspolitik keineswegs, aber man habe gelernt, damit zu leben, so Eder. "Es gibt viele Ankündigungen. Unsere Taskforce USA beschäftigt sich auch damit."

Drohende Strafzölle

Die USA sind es auch, die den Ausblick auf das Gesamtjahr etwas trüben: "Manches ist nicht wirklich kalkulierbar", sagt Eder in Anspielung auf US-Präsident Trumps Drohung mit Strafzöllen und Importbeschränkungen.

Trotz all dieser Unsicherheit bleibt Eder für das Gesamtjahr insgesamt positiv gestimmt. Gewinn und Umsatz sollen im Licht des konjunkturellen Aufschwungs bis Ende März 2018 deutlich steigen. "Unser Ausblick erscheint gut oder sogar sehr gut abgesichert. Es wäre aber zu früh, hier eine andere Indikation zu geben."

An der Wiener Börse wurden Ausblick und Zahlen mit Gleichmut hingenommen. Solide, aber weitgehend im Rahmen der Erwartungen, lautet ein Analystenurteil. (rebu, 8.11.2017)