Der Pflegeregress wurde vor der Wahl abgeschafft. Die Gegenfinanzierung der Maßnahme ist noch vage.

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Wien – Österreichs Gemeinden fordern von der künftigen Bundesregierung den vollen Kostenersatz für die Abschaffung des Pflegeregresses, eine Kostenbremse in Vorwahlzeiten sowie eine Wahlrechtsreform mit Verbesserungen bei der Briefwahl. Man habe sich im Wahlkampf bewusst zurückgehalten, jetzt gelte es einige Dinge anzusprechen, sagte Gemeindebundpräsident Alfred Riedl bei einer Pressekonferenz in Wien.

Der Gemeindebund fordert vom Bund den vollen Kostenersatz für den Entfall des Pflegeregresses.
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"Eines der ganz großen Anliegen ist die Diskussion der Kostenfolgen aus der Abschaffung des Pflegeregresses", so Riedl. Der Bund hat Ländern und Gemeinden im Zuge der Abschaffung des Pflegeregresses 100 Millionen Euro Kostenersatz jährlich zugesagt. Laut Ländern und Gemeinden würden die finanziellen Auswirkungen aber wesentlich größer sein.

Riedl fürchtet Bedarf von 300 Millionen Euro

Riedl befürchtet, dass Ländern und Gemeinden, die für die Pflegekosten zuständig sind, ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von bis zu 300 Millionen Euro ins Haus stehen könnte. So wurden etwa die "Selbstzahler" nicht eingerechnet. Das sind jene, die eine stationäre Pflege in Anspruch genommen haben, aber nicht wollten, dass dafür auf ihre Eigentum zurückgegriffen wird.

Laut Berechnungen der Ländern machten der Entfall des Pflegeregresses sowie der "Selbstzahler" in Summe rund 250 Millionen Euro aus. Die erwartbare höhere Nachfrage nach stationärer Pflege würde bis 2030 zu einem zusätzlichen Anstieg der Kosten bei Ländern und Gemeinden führen. Riedl rechnet mit bis zu 400 Millionen Euro. Der Gemeindebund fordert deshalb vom Bund den vollen Kostenersatz. Bis Jahresende sollen möglichst viele Gemeinden eine entsprechende Resolution verabschieden.

"Bestellerleistungen"

"Jene, die bestellen und anschaffen, haben auch die Kosten zu tragen", sagte Riedl. "Wir können Bestellerleistungen, die wir nicht verursacht haben, nicht hinnehmen." Dies sei schon deshalb notwendig, weil die Gemeinden ihre Verpflichtungen aus dem Stabilitätspakt sowie dem Finanzausgleichspakt erfüllen müssten.

Daneben werde der Gemeindebund eine Gesetzesinitiative für eine "Kostenbremse in Vorwahlzeiten" starten. Laut Riedl soll es in Vorwahlzeiten keine Beschlüsse geben, die budgetrelevant sind. Natürlich seien der laufende Betrieb und der Budgetvollzug normal abzuarbeiten, aber das, was zuletzt im Spiel der freien Kräfte passiert ist, sollte Geschichte sein. "Im Grunde muss man nur festhalten, dass ab einem formalen Neuwahlbeschluss keine budgetwirksamen Maßnahmen mehr beschlossen werden."

Ausbau der Briefwahl

Punkto Wahlrecht plädieren die Gemeinden für einen Ausbau und eine Verbesserung der Briefwahl. Die Gemeinden schlagen die Auszählung der Briefwahlstimmen noch am Wahltag und direkt auf Gemeindeebene vor. Dafür wären die Vorverlegung der Fristen für die Wahlvorschläge und die Abschaffung der Möglichkeit, mit der Wahlkarte in einem sprengelfremden Wahllokal zu wählen, erforderlich. Die Gemeinden wollen auch einen vollständigen Umstieg auf ein zentrales Wählerregister mit der Möglichkeit digitaler Einsichtnahme. Änderungen schlagen die Gemeinden auch beim Wahlbeisitzer-System vor. Da es immer schwieriger wird, ausreichend Wahlbeisitzer zu gewinnen, sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass sich auch engagierte Bürger als Wahlbeisitzer zur Verfügung stellen können, die nicht von einer Partei nominiert wurden.

Versprechen zu Transparenzdatenbank

Zur Rechnungshofkritik, dass sich Länder und Gemeinden bisher nicht ausreichend an der Befüllung der Transparenzdatenbank für Förderungen beteiligen, versprach der Gemeindebundpräsident, dass man diese künftig beliefern werde. "Das ist so rasch wie möglich zu erledigen." Das Problem sei bisher vor allem der unverhältnismäßig hohe Verwaltungsaufwand in vielen Fällen. Förderungen an Vereine mit vielen Mitgliedern könnten etwa nur schwer – wie vorgeschrieben – personenbezogen aufgelistet werden. Es brauche hier Änderungen. Grundsätzlich habe man aber kein Problem, die Daten zu liefern. Die Förderungen seien ja ohnehin in den Rechnungsabschlüssen der Gemeinden öffentlich einsehbar und transparent. (APA, 3.11.2017)