Schauspieler stellen Situationen aus dem Alltag von Psoriasis-Patienten nach.

Foto: celgene/Robert Fritz

Passanten sollen dabei aufgeklärt werden, etwa darüber, dass Schuppenflechte nicht ansteckend ist.

Foto: Celgene/Robert Fritz

Isabel hat sich die Kapuze ihres Pullovers über den Kopf gezogen und lässt den Kopf hängen. Sie sitzt auf einem Sessel in einem Glaswürfel, der inmitten der Fußgängerzone vor dem Einkaufszentrum "The Mall" in Wien-Mitte steht. Isabel wirkt depressiv, das merken auch die Passanten, die vorbeigehen. Manche werden langsamer, bleiben sogar stehen und schauen Isabel an. Der Zuschauer merkt schnell: Isabel ist nicht gesund. Einem Ausschlag auf ihren Armen und am Haaransatz nach zu urteilen leidet sie an Psoriasis, besser bekannt als Schuppenflechte.

In Wahrheit ist Isabel Schauspielerin, ihr Ausschlag nur aufgeschminkt. In dem Glaswürfel stellen Isabel und ihr Schauspielkollege Ralph Alltagssituationen nach, in denen sich Menschen mit Psoriasis häufig wiederfinden – neben Depression sind auch Wut, Angst, Mobbing und Einsamkeit zu sehen. Mit der Maßnahme soll Bewusstsein für eine Erkrankung geschaffen werden, an der in Österreich etwa 250.000 Menschen leiden. Organisiert wurde die Aktion mit dem Motto #wehrdich vom Pharmaunternehmen Celgene gemeinsam mit der Patientenorganisation PSO Austria und dem Forum Psoriasis.

Die gemeinsamen Anliegen: Einerseits Patienten dazu ermutigen, nicht aufzugeben, immer wieder zum Arzt zu gehen, selbstbewusst zur Krankheit zu stehen, sich über Therapien auf dem Laufenden zu halten. Dafür wurde für Betroffene und Angehörige auf der Rückseite des Glaswürfels eine Beratungszelle eingerichtet.

Passanten aufklären

Gleichzeitig soll in der Bevölkerung Aufmerksamkeit für die tabuisierte Krankheit geschaffen werden. Abgesehen von der Performance der Schauspieler wird Infomaterial verteilt, die wichtigste Botschaft: Psoriasis ist nicht ansteckend! "Psoriasis?", lautet die erste Frage vieler Passanten. Die meisten haben davon noch nie etwas gehört.

Erst beim Wort Schuppenflechte folgt ein Kopfnicken. Dieser Begriff ist den meisten bekannt. Etwa auch einer Gruppe junger Burschen im Teenageralter, sie drehen mit fragenden Blicken eine Runde um den Glaskasten, fragen sich laut, was hier vor sich geht. Einer zückt sein Smartphone und googelt den Begriff Psoriasis. "Ah, Schuppenflechte", sagt er zu seinen Freunden, sie nicken. Dass Schuppenflechte nicht ansteckend ist, haben sie schon einmal gehört. Dass Betroffene es schwer haben in der Gesellschaft, können sie sich gut vorstellen. "Das geht bestimmt auf die Psyche", sagt einer, "besonders in der Schule muss es schwer sein", meint ein anderer, "es sollte über solche Erkrankungen viel mehr Aufklärung geben", fordert ein dritter.

Alltag leben

Doch nicht alle hier sind von der Aktion begeistert. Eine Touristin, die zufällig vorbeigekommen ist und selbst an Psoriasis leidet, sagt skeptisch: "Die Erkrankten werden hinter dieser Glasscheibe ausgestellt wie Tiere. Das schafft Distanz – genau das Gegenteil sollte der Fall sein." Aufmerksamkeit für die Krankheit zu schaffen hält sie aber für wichtig. "Neurodermitis kennt jeder, Psoriasis kennt niemand", bringt sie das fehlende Bewusstsein auf den Punkt.

Wie sich die Erkrankung anfühlt, wissen seit heute auch Isabel und Ralph. "Ich bin froh, nicht betroffen zu sein. Als ich heute durch das Einkaufszentrum gegangen bin, hat es sich so angefühlt, als würden mich alle anstarren", sagt Isabel. Ihr Kollege erzählt: "Vorher hab ich Kaffee über mein T-Shirt geschüttet und wollte mir ein neues kaufen. Mit dem Ausschlag habe ich mich aber nicht ins Geschäft getraut."

Wie sich der Alltag mit Psoriasis für jemanden anfühlt, der tatsächlich erkrankt ist, weiß Christine Schimpf, Vertreterin der Patientenorganisation PSO Austria und selbst Betroffene. Oft hat sie schon erlebt, wie über sie getuschelt wurde, im Schwimmbad habe etwa jemand empört hinter ihrem Rücken gesagt: "Wie schaut die denn aus?" Schimpf weiß: "Menschen mit Psoriasis wollen rausgehen, den Anschluss nicht verlieren und wie ganz normale Menschen behandelt werden." (Bernadette Redl, 2.11.2017)