Im Vorjahr tagte der rechte Kongress trotz massiver Proteste in den Redoutensälen des Landes. Der Verfassungsschutz ortete zwar "Personen aus dem rechtsextremen Lager", sah aber keinen Grund für ein Verbot.

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Linz/Wien – Linz wird offensichtlich vermehrt zum Aufmarschgebiet der "Neuen Rechten". Konkret bringen sich die selbsternannten "Verteidiger Europas", deren Kongress im Vorjahr in den altehrwürdigen Redoutensälen des Landes für gehörigen Wirbel gesorgt hat, jetzt lange vor der geplanten Neuauflage am 3. März 2018 in Stellung.

Offizieller Medienpartner und Organisator der umstrittenen Veranstaltung an einem bislang geheim gehaltenen Ort – das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) sieht darin ein "internationales Treffen rechtsextremer Abendlandretter" – ist neben unzensuriert.at das Rechts-außen-Zweimonatsmagazin "Info-Direkt". Das Krawallblatt, das sich gerne als einzig wahre Alternative zur "Lügen- und Systempresse" sieht, lädt am 15. November selbst zu einem Lesertreffen.

Pikant dabei ist neben dem zu erwartenden Inhalt vor allem der Veranstaltungsort. Auf Tuchfühlung mit dem Leser geht "Info-Direkt" nämlich im Volkshaus Kleinmünchen, das von der Stadt Linz verwaltet wird.

Als Vortragender ist an diesem Abend Michael Haberler geladen, der auf der Homepage der Rechten dafür gerühmt wird, "seit 2006 als Offizier in der taktischen Einsatzleitung der Luftstreitkräfte bei sämtlichen Luftraumsicherungsoperationen des Bundesheers" teilgenommen zu haben. Im Gepäck hat der 54-Jährige, der laut "Info-Direkt" seit 1983 bei der Austro Control beschäftigt sein soll, einen Vortrag zum Thema "Die Entwicklung Europas vom Römischen Reich bis heute". Der Einladungstext verspricht eine "fundierte" Darstellung der "historischen Entwicklung unseres Kontinents". Aufgezeigt werde, "wie wir Europäer in die heute so schwierige Lage geraten konnten". Haberler will aber auch darlegen, welche konkreten Handlungen zu setzen wären, "um ein christlich geprägtes Europa zu verteidigen und sein langfristiges Überleben zu sichern".

Keine Stadtchef-Sache

Vonseiten der Stadt und damit des Vermieters sieht man derzeit keinen Handlungsbedarf. Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) führt auf STANDARD-Nachfrage an, die Vermietung von Räumlichkeiten sei nicht "die Angelegenheit eines Bürgermeisters". Zudem prüfe er nicht jede "Kulturveranstaltung" auf deren Inhalt. Luger: "Die rechtliche Prüfung obliegt in Österreich dem Verfassungsschutz. Wenn man dort Bedenken hat, wird man die Veranstaltung wohl untersagen."

Entschieden anders beurteilt man die Lage im Verteidigungsministerium. Dort will man so rasch wie möglich den genauen "Status" von Haberler überprüft sehen. "Die Disziplinar- und Beschwerdeabteilung wird diesen Vorfall prüfen", hieß es am Sonntag auf Anfrage des STANDARD. Man versichert: "Das österreichische Bundesheer verfolgt eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Rechtsextremismus."

Für das Dokumentationsarchiv sind die Veranstalter des rechten Lesertreffens keine Unbekannten. Laut DÖW ist das Magazin "Info-Direkt" eindeutig rechtsextrem: Es gebe auch führende Aktivisten und Autoren, die "zumindest in der Vergangenheit dem organisierten Neonazismus angehörten". Dass die Stadt Linz eine derartige Veranstaltung in den eigenen Räumlichkeiten zulässt, stößt auf kein Verständnis: "So eindeutig rechtsextremen Gruppen wie 'Info-Direkt' sollten Räume, die sich in öffentlichem Besitz befinden, verschlossen bleiben."

Proteste gegen Kongress

Im vergangenen Jahr war es im Zuge des Kongresses zu heftigen Protesten gekommen. Kritisiert wurde etwa, dass das Land Oberösterreich die Redoutensäle als Veranstaltungsort vermietet hatte. Der damalige Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) beauftragte daraufhin eine Prüfung durch den Verfassungsschutz, der zwar eine "mögliche Teilnahme von Personen aus dem rechtsextremen Lager" erwartete, letztlich aber kein Verbot der Veranstaltung empfahl.

1.800 Demonstranten versammelten sich daraufhin am 29. Oktober des Vorjahrs – dem Tag der Veranstaltung – zum lautstarken Protest in der Linzer Innenstadt. Was aber etwa FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nicht davon abhielt, beim Kongress als Redner mit markigen Sprüchen aufzutreten. Und anderem war der blaue Parteistratege damals froh, "nicht in die Gesichter mieselsüchtiger roter und grüner Parlamentarier" zu schauen. (Peter Mayr, Markus Rohrhofer, 29.10.2017)