Mit schönen Stimmungen, doch inhaltlich müde wird Luther gedacht.

Foto: Arnold Pöschl

Klagenfurt – Die Bauern waren störrisch, und die dünn besiedelten Täler so entlegen, dass die Gegenreformatoren irgendwann das Handtuch warfen: Bis heute ist Kärnten das Bundesland mit dem höchsten Anteil an Evangelischen. Verständlich also, dass sich das Stadttheater Klagenfurt auch mit einem Beitrag zum Luther-Jahr einstellen wollte.

Beauftragt damit wurde von Intendant Florian Scholz der bewährte Bühnenzauberer Cesare Lievi. Er lieferte mit Hier stehe ich – ich kann nicht anders, was man von ihm erwarten konnte: wunderschöne Bilder zur Geschichte der Menschheit. Aber Lutheraner ist der Italiener keiner. Hier klingt das Gedenken an 1517 inhaltlich mit ein paar Plattheiten aus dem erstbesten Web-Eintrag aus.

Stadttheater Klagenfurt

Acht Darsteller wissen nicht, wer Martin Luther war, und müssen ihn googeln. Mit einer Riesenkreide und einer schwammverwischten Tafel als Prospekt ironisiert Lievi das Volksschulhafte, mit dem er sich angesichts des Auftrags konfrontiert fand. Also konterkariert er dieses Nichttheater mit zwei abwechselnd eingestreuten Szenenreihen. Die eine nimmt darauf Bezug, dass Luther eine gespannte Beziehung zu seinem Vater hatte. Die andere holt noch viel weiter aus: Offenbar in Anlehnung daran, dass Luther ein Mensch war, wird die ganze Evolution nachgestellt.

Schöne Stimmungen, inhaltlich müde

Wenn man es sehr gut mit dieser Produktion meint, hat der "Aufstieg des Menschen" etwas damit zu tun, dass der Reformator, der sein Gewissen über die Autorität des Papstes stellte, den Anfang der Neuzeit markierte. Und vielleicht endet der Abend deshalb mit der "Wüste der Bücher", weil der rebellische Augustinermönch mit seinen volksnahen Schriften sozusagen die jährlichen 400.000 Neuerscheinungen der Frankfurter Buchmesse zu verantworten hat. Zu viel nachdenken darf man nicht.

Bewundernswert engagiert widmet sich das Ensemble der eindrucksvoll bebilderten, inhaltlich müde und allzu abgeklärt, allzu früh altmeisterlich vereinfachenden Produktion – so alt, dass er schon unbekümmerter als der späte George Tabori sein dürfte, ist Lievi noch nicht. Wer sich die Substanz freilich selbst dazudenken will, wird die schönen Stimmungen genießen. (Michael Cerha, 29.10.2017)