Jawoll, es gibt auch noch gute Nachrichten auf dieser Welt. Die frech geschmalzenen Roaminggebühren zum Beispiel, die jahrzehntelang jedes Handytelefonat aus dem Ausland zum unberechenbaren Risiko für einen Privatkonkurs werden ließen, sind dank einer EU-Initiative seit einigen Monaten endgültig passé. Das ist, nebenbei, auch ein schöner Nachweis dafür, dass im Europaparlament nicht nur gegrapscht und sexuell belästigt, sondern auch wertvolle gesetzgeberische Arbeit geleistet wird.

Die Folgen haben nicht auf sich warten lassen. Heute kann man sich beim Urlaub in Caorle sorglos einen zwei Stunden langen Porno auf die Festplatte laden, ohne nachher von seinem Provider 25.000 Euro in Rechnung gestellt zu bekommen. Auch die häufige Handypanne, dass das Kleinkind unabsichtlich Telefonate in alle möglichen Ausländer tätigt, welche dann mit hunderttausend Euro Plus zu Buche schlagen, hat ihren Schrecken verloren.

Kein Wunder also, dass die Österreicher hinauf- und hinunterladen, telefonieren sowie simsen, samsen und sumsen wie die Berserker. Der Telekom-Anbieter Hot etwa verzeichnete in den ersten Monaten nach der Abschaffung der Roaminggebühren eine 22-mal so starke Datennutzung, doppelt so viele SMS und dreimal so viele Telefonminuten. Da geht echt die Post ab!

Endlich ohne Roaminggebühren telefonieren – das ist super und eröffnet ungeahnte neue Freiheiten. Ich könnte etwa heute stundenlang zum Ortstarif mit Estland telefonieren. Das Blöde ist nur, dass ich kein Schwein in Estland kenne, sodass es mir an Anreizen für ausgedehnte Estland-Telefonate mangelt. (Übrigens auch an Anreizen für Litauen- und Lettland-Telefonate, was mir die geschätzte Leserschaft bitte nicht als bösartige Aversion gegen das Baltikum auslegen möge. Ich verehre und liebe das Baltikum aus ganzem Herzen.)

Es gibt allerdings andere Möglichkeiten, den finanziellen Unterschied zwischen der Roaming- und der Post-Roaming-Ära genussvoll auszukosten. Man kann etwa die Zeitansage in Lissabon anrufen, den Wetterbericht in Palermo oder den Ombudsmann in Helsinki, was zwar sinnlos ist, aber viel, viel günstiger kommt als noch ein Jahr zuvor. Aufpassen muss man nur bei Anrufen aus Großbritannien. Da könnten nämlich die Gebühren nach dem Brexit wieder ordentlich nach oben schnalzen. (Christoph Winder, 28.10.2017)