Donald Tusk sieht auch einen Verbleib Großbritanniens bei der EU als realistische Möglichkeit.

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London/Straßburg – Kann der Brexit noch abgesagt werden? EU-Ratspräsident Donald Tusk hält dies offenbar für möglich. Die Verhandlungen könnten auch damit enden, dass es keinen Brexit gebe, sagte Tusk am Dienstag in einer Rede vor dem EU-Parlament. Das sei die dritte Möglichkeit neben einem Austritt mit einem "guten Deal" oder einem ungeregelten Austritt "ohne Deal".

London werde darüber entscheiden, wie die Sache ende: mit einer guten Einigung über den Austritt, keiner Einigung oder keinem Austritt, sagte Tusk. Die EU-Staaten könnten jedes Szenario meistern – solange sie nicht entzweit seien.

Bisher sei es gelungen, bei den Verhandlungen unter den verbleibenden 27 EU-Staaten eine einheitliche Position zu bewahren, so Tusk. "Doch der härteste Stresstest liegt noch vor uns." Nun sei die britische Regierung am Zug.

Ausweitung abgelehnt

Tusk äußerte sich vor den Europaabgeordneten zu den Brexit-Verhandlungen beim EU-Gipfel Ende der vergangenen Woche. Dabei hatten die Staats- und Regierungschefs eine von Großbritannien geforderte Ausweitung der Austrittsverhandlungen abgelehnt. So soll über die künftigen Beziehungen zu Großbritannien erst dann gesprochen werden, wenn ausreichende Fortschritte bei den wichtigsten Trennungsfragen erzielt wurden.

Dazu gehören der künftige Status der Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland, finanzielle Forderungen an London von bis zu 100 Milliarden Euro sowie die künftigen Rechte von 3,2 Millionen EU-Bürgern in Großbritannien und 1,2 Millionen Briten in der EU.

Die Frist für eine Einigung mit der EU endet für Großbritannien Ende März 2019. Wenn es bis dahin keine Verständigung oder keinen Rückzug vom Brexit gibt, scheidet es mit potenziell schwerwiegenden Folgen vor allem für die Wirtschaft ungeregelt aus der EU aus. (APA, dpa, 24.10.2017)