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Der Sprecher der Regionalregierung für auswärtige Angelegenheiten, Raul Romeva, spricht hier bei einer Pressekonferenz in Brüssel Mitte Oktober.

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Am Samstag demonstrierten in Barcelona mehr als 400.000 Menschen.

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Barcelona/Madrid – Das katalanische Regionalparlament will am Donnerstag über die Antwort auf die Entmachtung durch die spanische Zentralregierung entscheiden. In der für Donnerstagvormittag angesetzten Plenarsitzung wolle das Regierungsbündnis Junts pel Sí eine Klage gegen die Anwendung des Verfassungsartikels 155 einleiten, sagte ein Sprecher am Montag.

Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont will Medienberichten zufolge in die Hauptstadt reisen und im spanischen Senat Stellung nehmen. Der Senat kommt am Freitag in Madrid zusammen, um über die von der spanischen Zentralregierung beschlossenen Zwangsmaßnahmen gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien abzustimmen.

Kritik an der EU

Zuvor hatte die Regionalregierung bekanntgegeben, dass die katalanischen Behörden die Anweisungen der Zentralregierung nicht befolgen werden. Alle Institutionen, auch die Polizei, müssten stattdessen die Anordnungen der demokratisch gewählten katalanischen Regierung umsetzen, sagte der Sprecher der Regionalregierung für auswärtige Angelegenheiten, Raul Romeva, am Montag der BBC. Sollte die EU ein direktes Regieren der Führung in Madrid zulassen, verlöre sie ihre Glaubwürdigkeit, sagte Romeva. "Wie kann die Europäische Union mit dieser Situation leben, wenn es dazu kommt?"

Spaniens stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría kündigte unterdessen an, dass die Zentralregierung einen einzelnen Vertreter bestimmen könnte, der Katalonien vorübergehend regieren soll. Seit Samstag habe die Zentralregierung keinen Kontakt zur Führung in Barcelona gehabt.

Entmachtung der Regionalregierung eingeleitet

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte zuvor die nach Artikel 155 der Verfassung mögliche Entmachtung der Regionalregierung eingeleitet. Der Senat muss dem Schritt noch zustimmen. Regionalregierungschef Puigdemont signalisierte in einer ersten Reaktion, dass er sich Madrid nicht beugen werde. Französische Aktivisten wollen ihm im Fall einer Eskalation Unterschlupf geben. Man habe Puigdemont und seiner Regierung Gastfreundschaft in der Region von Perpignan nahe der spanischen Grenze angeboten, sagte Robert Casanovas, der Vorsitzende des "Komitees für die Selbstbestimmung Nordkataloniens", dem Sender France Bleu.

Beobachter erwarten, dass die Separatisten nun die Unabhängigkeitserklärung formalisieren werden, die sie nach dem Referendum vom 1. Oktober ausgesetzt hatten.

Separatisten kündigen zivilen Ungehorsam an

Die katalanische Linkspartei CUP hat für den Fall von Zwangsmaßnahmen eine "massive Kampagne des zivilen Ungehorsams" angekündigt. Den Vorstoß zur Aktivierung des Artikels 155 bezeichnete die Partei als "größte Aggression" gegen Katalonien seit der Franco-Diktatur der Jahre 1939 bis 1975.

Die CUP forderte, "so schnell wie möglich" eine unabhängige Republik Katalonien auszurufen – gestützt auf das vom Verfassungsgericht verbotene Unabhängigkeitsreferendum. Daran hatten sich nach Angaben der Regionalregierung trotz massiver Gewaltanwendung durch die spanische Polizei 43 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt, von denen 90 Prozent für die Unabhängigkeit stimmten.

Die CUP ist nicht an der Regionalregierung beteiligt, der katalanische Regierungschef ist zur Mehrheitsfindung aber auf ihre Unterstützung angewiesen. (APA, 23.10.2017)