Gerald Fleischmann (links) und Axel Melchior sind seit Jahren an der Seite von ÖVP-Chef Sebastian Kurz.

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Elisabeth Köstinger ist "das Gesicht" der Kurz-Bewegung.

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Philipp Maderthaner war schon unter Josef Pröll für Marketing zuständig und hat nun federführend die Kampagne des ÖVP-Chefs entworfen.

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Stefan Steiner gilt als Chefstratege des Außenministers.

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In der Welt von Sebastian Kurz wird nichts dem Zufall überlassen. Vor der Übernahme der ÖVP positioniert der heutige Parteichef an diversen Schaltstellen Vertraute. In den Bundesländern. Auch in der Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse. Die Truppe des damaligen Obmanns Reinhold Mitterlehner bekommt davon, so erzählen es Schwarz-Türkise heute, Wind. Ihre Vermutung: Insiderinfos werden von einem Maulwurf an den Sprecher des damaligen Außenministers Kurz, Gerald Fleischmann, weitergegeben, der sie dann, mit seinem eigenen Spin versehen, an Medien spielt.

Als Werner Amon im September 2016 von Mitterlehner zum Generalsekretär eingesetzt wird, erhärtet sich der Verdacht. Aus Abrechnungsbelegen lässt sich rekonstruieren, wer wann wen getroffen hat. Personelle Konsequenzen werden aber nicht gezogen. Und so kommt es, dass sich der schwarze Hoffnungsträger auch in den folgenden Monaten systematisch auf die ÖVP-Obmannschaft vorbereiten kann. In geleakten Strategiepapieren, deren Authentizität nur teilweise bestritten wird, ist später nachzulesen, wie akribisch das Projekt Ballhausplatz konzipiert wurde – von einem kleinen Team, bestehend aus fünf Menschen.

Maxime: Keine Fehler

Neben Fleischmann gehören zum engsten Zirkel des 31-jährigen ÖVP-Chefs der Stratege Stefan Steiner (39), ÖVP-Geschäftsführer Axel Melchior (36), Kampagnenexperte Philipp Maderthaner (36) und Generalsekretärin Elisabeth Köstinger (38). Die bisherige EU-Abgeordnete ist die Einzige, die auch nach außen hin auftritt. "Das Gesicht" der Truppe nennen die Kärntnerin viele. Fleischmann ist der Mann fürs Grobe, bei Journalisten bekannt für seine mitunter untergriffigen Interventionen. Die anderen drei reden kaum bis gar nicht über das, was sie tun.

Kurz gilt intern als fordernd. Wenn sich das Team berät, muss alles schnell gehen. Die Maxime: dem Gegner und der medialen Berichterstattung einen Schritt voraus sein, keine Fehler, der Fokus immer auf dem Spitzenkandidaten. Im Juli sei der exakte Fahrplan für den Wahlkampf gestanden, jeder Termin bis zum 15. Oktober bereits penibel getaktet gewesen – wann welcher Quereinsteiger präsentiert wird, wie der offizielle Wahlkampfauftakt in der Stadthalle und die zehn Tage Intensivtour durch Österreich ablaufen.

Der größte Unterschied zwischen den Kampagnenmachern von Kurz und von SPÖ-Chef Christian Kern: Das ÖVP-Team ist eingespielt und dem eigenen Chef gegenüber zu hundert Prozent loyal. "Die sind wie eine Familie", sagt ein Vertrauter.

Steiner, Maderthaner und Fleischmann waren als Mannschaft ursprünglich die Erfindung von Josef Pröll. Steiner wurde unter dem ehemaligen ÖVP-Chef zum Leiter der politischen Abteilung der Partei, Maderthaner gleichzeitig deren Marketing- und Kommunikationschef, Fleischmann fungierte als ÖVP-Sprecher.

Kurz holte Steiner, der in der Jugend eine Zeitlang in der Türkei gelebt hatte und daher Türkisch spricht, im Jahr 2011 ins Integrationsstaatssekretariat, später wurde er dort Sektionschef, im Wahlkampf stieg er zum Generalsekretär auf. Bei ihm laufen alle inhaltlichen und programmatischen Fragen zusammen.

Steiners Namen liest man in den erwähnten Strategiepapieren, er taucht auch im Zusammenhang mit der umstrittenen Islamkindergartenstudie Ednan Aslans auf: Beamte des Außenamts hatten Änderungen an einer Erstfassung vorgenommen – ein Word-Dokument mit Korrekturen hieß laut Falter "Stefan_final". Geschadet hat ihm das bisher nicht. Er wird als Kanzleramtsminister gehandelt.

Mit einem Ministerposten könnte auch Köstinger belohnt werden – kolportiert werden Äußeres oder ein aufgewertetes Umweltressort. Parallel zu Kurz' Aufstieg in der Jungen Volkspartei (JVP) machte sie in der schwarzen Jungbauernschaft Karriere und schaffte im Jahr 2009 den Einzug ins EU-Parlament. Auch Melchior ist bereits ein langjähriger Wegbegleiter des Parteichefs. Er war Generalsekretär der Parteijugend, als Kurz deren Obmann wurde, 2014 wechselte er ins Außenamt und stieg dort zum Vizekabinettschef auf.

In den diversen Flügeln der Partei wird durchaus mit Skepsis betrachtet, dass Kurz nur auf seinen eingeschworenen Kreis hört: Ein ÖVPler formuliert es so: "Wirklich glücklich ist nur die Junge ÖVP." Vor allem, wohin die inhaltliche Reise gehen soll, ist vielen unklar. Selbst Anhänger, die den Umbau der Partei unterstützen, sagen: "Sein Büro ist wie ein Schwarzes Loch. Man schickt Vorschläge hin, kriegt aber keine Rückmeldung." Ein anderer bemüht einen historischen Vergleich: "Schüssel wollte die Macht und hatte eine Agenda. Bei Kurz hat man den Eindruck, er will die Macht, hat aber keine Agenda." (Katharina Mittelstaedt Günther Oswald, 21.10.2017)