"Holding Emptiness (B)" aus Abramovićs Serie "With Eyes Closed I See Happiness", 2012.

Foto: © Marina Abramovic, Courtesy Marina Abramovic Archives / Bildrecht, Wien 2017

Vermutlich war die Aufgabe gar nicht so einfach: Nur eine künstlerische Position durften die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler auswählen, die sie beeinflusst hat. Das eine Icon also, in dem sich vielleicht nicht unbedingt die von Kuratorin Bettina Busse konstatierte Vielschichtigkeit der künstlerischen Referenzsysteme zeigt, aber das doch einiges über die Auswählenden sagt.

Über Marina Abramović beispielsweise, die die Konzentration auf das eine Werk dann auch gleich im Kommentar zu ihrer Auswahl aufbricht: "Two artists that have been very influential in the past and still continue to be in the present are John Cage and Mark Rothko." Cage sei ihr wichtig, weil er der Musik das Konzept der Stille beigefügt hat, und Rothko wegen der bewusstseinsbildenden Kraft seiner Werke.

In der Ausstellung der Galerie Krinzinger ist von Ersterem ein Objekt zu sehen: Not Wanting to Say Anything About Marcel (1969) heißt die Arbeit aus beschriebenen Plexiglasscheiben. John Cage widmete sie dem 1968 verstorbenen Marcel Duchamp.

Auf Duchamp wiederum bezieht sich Gottfried Bechtold: Er habe anders als Klimt oder Schiele die Gegenwartskunst überhaupt erst erfunden, begründet der Vorarlberger seine Auswahl, mit der er in große, aber nicht unbedingt originelle Fußstapfen tritt.

Inhaltlich konzentrierter gehen andere vor: So hat die Malerin Martha Jungwirth ein Bild von Cy Twombly ausgewählt und Ulrike Lienbacher Maria Lassnig gewürdigt: Aufgrund ihrer emotionalen Direktheit, aber auch wegen ihres gesellschaftspolitischen Bewusstseins habe ihr die Malerin als eine wichtige Identifikationsfigur gedient, so Lienbacher. Sie knüpft an Lassnigs Beschäftigung mit Bildern des (weiblichen) Körpers an.

An weiblichen "Vor-Bildern" mangelt es der Ausstellung insgesamt nicht: Die indische Videokünstlerin Mithu Sen hat Sophie Calle ausgewählt und Anja Ronacher (zuletzt nominiert für den BC21 Art Award 2017) eine Zeichnung von Louise Bourgeois. Wie für ihr berühmtes Vorbild sind auch für die junge Künstlerin Anja Ronacher Angst, Erotik und Schmerz wichtige Themen, auch wenn sich das vielleicht nicht alles an der einen präsentierten Arbeit ablesen lässt.

Identifikationsfiguren

Da pro Künstler teilweise nur eine Arbeit ausgestellt ist, wird vorausgesetzt, dass man das jeweilige OEuvre ein bisschen kennt: Denn die für Zenita Komad eher ungewöhnlich politische Installation kann man sonst nur schwer mit dem organischen Haufen Dieter Roths zusammenbringen.

In eine durchaus nachvollziehbare Tradition hat Werner Reiterer seine Zeichnungen gestellt: Ausgewählt hat er Alfred Kubin, der für ihn wie kein anderer "die Essenz der Psychoanalyse Sigmund Freuds destilliert".

Damit gelingt es ihm sehr gut, weder zu nahe dran am eigenen Werk zu sein (wie etwa Gavin Turk an Joseph Kosuth) noch einen zu großen Bezugsrahmen zu öffnen. Dies passiert Erik van Lieshout mit Allan Sekulas Fish Story. Schließlich funktioniert die Schau genau dort am besten, wo man neue Perspektiven eröffnet und sich nicht nur im Licht des Vorgängers suhlt. (Christa Benzer, Album, 21.10.2017)