Privatstiftungen haben viel Kapital, das sie kaum in Jungunternehmen investieren. Auch eine Reform des Stiftungsgesetzes wird dies nicht so schnell ändern.

Illustration: Davor Markovic

Woher kommt das Risikokapital zur Gründung von Unternehmen? Antwort: Wenn ein Gründer neben seiner guten Idee nicht zufällig auch über das notwendige Kapital verfügt, erfüllen – neben dem Bankkredit – häufig kapitalstarke Privatpersonen, sogenannte Business-Angels, diese Funktion. Warum aber treten gerade Privatstiftungen, die in Österreich mitunter über besonders viel Investitionskapital verfügen, so selten als Business-Angels auf? Wer das Risikokapital stärken will, der sollte sich auch mit dieser Frage beschäftigen.

Nicht selten sind Privatstiftungen überwiegend mit sich selbst beschäftigt und auch durch Konflikte zwischen dem Stiftungsvorstand und einer begünstigten Stifterfamilie oder von Konflikten der Begünstigten untereinander gelähmt. Solche Situationen sind keine guten Voraussetzungen für riskante Investments, muss doch der Stiftungsvorstand regelmäßig fürchten, im Falle der negativen Entwicklung zur Verantwortung gezogen zu werden.

Die scheidende Regierung hat darauf mit einem überwiegend positiven Gesetzesentwurf reagiert, der in der abgelaufenen Legislaturperiode allerdings nicht mehr verabschiedet wurde. Die Organstruktur der Privatstiftung soll klarer gestaltet und der Stifterfamilie – wenn das der Stifter wünschte – potenziell mehr Einfluss gegeben werden. Das Aufsichtsorgan der Stiftung soll den Stiftungsvorstand nunmehr auch entlasten, also von Haftungsansprüchen der Stiftung weitgehend befreien können. Dies war bisher nicht möglich und erleichtert dem Stiftungsvorstand riskante Investitionsentscheidungen deutlich.

Außerdem sieht der Entwurf ein vereinfachtes Änderungsrecht des Stiftungsvorstands vor, falls keine änderungsberechtigten Stifter mehr vorhanden sind. Der Stiftungsvorstand soll dann – ebenfalls mit Zustimmung der Begünstigten – den Zweck von Stiftungen erleichternd dahingehend ergänzen können, dass auch in die Gründung von Unternehmen investiert werden kann. Außerdem sieht der Entwurf eine Erleichterung der (Auf-)Teilung von Stiftungsvermögen durch die Errichtung von Substiftungen vor – beispielsweise, um zerstrittene Familienteile zu trennen.

Besser wenig Risiko

Der Zweck der meisten Stiftungen spricht in der Regel gegen riskante Geschäfte. Die meisten Stifter machen den – möglichst ungeschmälerten – "Erhalt des Stiftungsvermögens" auch zum Zweck der Stiftung. Deswegen bevorzugen Stiftungsvorstände regelmäßig vorsichtige und risikoaverse Investmentstrategien.

Hinzu kommt, dass bei vielen Privatstiftungen das wesentliche Vermögen aus den Beteiligungen an einem (Familien-)Unternehmen besteht. Häufig soll der Ertrag, den dieses Unternehmen erwirtschaftet, sofern er nicht ausgeschüttet wird, in der Privatstiftung thesauriert und bei Bedarf für Reinvestitionen in dieses Unternehmen zur Verfügung stehen.

Andere Privatstiftungen begreifen sich als Sparkassen für nachfolgende Generationen einer Stifterfamilie, die das einmal erwirtschaftete Vermögen möglichst erhalten sollen. Selten sieht man, dass z. B. ein kleiner Teil dieses Kapitals ausdrücklich für Risikoveranlagungen zur Verfügung gestellt wird. Dies könnte beispielsweise in den in Stiftungsurkunden regelmäßig enthaltenen Vorgaben zur Vermögensverwaltung vorgesehen sein.

Psychologische Hürden

Daher darf man auch nach einer Reform nicht erwarten, dass Privatstiftungen in viel größerem Ausmaß selbst als Start-up-Investoren auftreten. Der Stiftungsvorstand erhält durch den außergewöhnlichen Erfolg eines erfolgreichen Risiko-Investments keine echten Vorteile, im – bei Start-up-Investments durchaus wahrscheinlichen – Verlustfall muss er jedoch Rechenschaft ablegen.

Diese psychologischen Hürden werden stets dazu beitragen, dass Business-Angels auch weiterhin vermehrt wohlhabende Einzelpersonen mit ihrem Privatvermögen sind – die keinen dritten Personen Rechenschaft schuldig sind – und weniger fremdverwaltete Privatstiftungen, welche die Nachkommen eines Stifters versorgen sollen.

Der vorliegende Gesetzesentwurf ist v. a. aufgrund der Möglichkeit der Entlastung des Stiftungsvorstands und der Aufwertung der Rolle der Begünstigten in Überwachung des Stiftungsvorstands ein wesentlicher Schritt in Richtung funktionierender und daher auch investierender Privatstiftungen. Seine Verabschiedung durch den neuen Nationalrat wäre ein Gewinn für den Standort. Aber auch dann wird sich eine Venture-Investitions-Kultur in diesem Segment erst allmählich entwickeln müssen. (Paul Rizzi, Wirtschaft & Recht Journal, 23.10.2017)