Der Preis, ein massiver Betonblock, wird dem Grazer Bürgermeister nun per Post geschickt.

Foto: IG Architektur/Fabian Gasperl

Zum bereits vierten Mal hat die IG Architektur am Dienstag Abend ihren Planlos-Award für die "planloseste" Entscheidung in der österreichischen Baukultur vergeben. Zuvor konnte man über die Website planlos2017.at Vorschläge einreichen, eine Jury befasste sich damit und kürte letztlich einen "Sieger".

Dieser hieß gestern Siegfried Nagl und ist Bürgermeister der Stadt Graz. Österreichs zweitgrößte Stadt wurde nämlich gleich mit vier Projekten für den Award vorgeschlagen, heißt es in einer Aussendung der IG Architektur: Allen voran das Mur‐Kraftwerk, dem es laut Nominierung an einem erkennbaren und umfassenden Stadtentwicklungskonzept mangelt, und das Entwicklungsgebiet Reininghausgründe, "eine schon länger lebhaft umstrittene Planungsbaustelle". Ergänzt wurde der Reigen der Nominierungen für die Stadt Graz durch den Plan für eine Murgondel für Pendler und Touristen, und für ein neues unterirdisches Parkhaus mitten im Grazer Zentrum, über das demnächst im Grazer Stadtrat abgestimmt werden soll.

Langfristig wirkende Entscheidungen

Die sechsköpfige Jury, der unter anderen der Gründer des Architekturzentrums Wien, Dietmar Steiner, angehörte, wies darauf hin, dass die Stadtplanung Entscheidungen treffe, "die oft erst nach Jahren und Jahrzehnten ihre volle Wirksamkeit für das komplexe Stadtgefüge entfalten und Auswirkungen auf weitere Einzelentscheidungen in der Zukunft haben". Entsprechend wenig sollten tagespolitische Ziele diese Entscheidungen beeinflussen.

Das "langfristig gelungene Ganze" sei das Kriterium für die Qualität der Planung. Zur Planungskultur zähle aber auch eine Kultur der Kommunikation von städteplanerischen Entscheidungen.

Der Grazer Bürgermeister war bei der gestrigen Preisverleihung nicht anwesend, ließ damit nach Ansicht der Organisatoren "die Gelegenheit zur Darstellung seiner eigenen Sichtweise" ungenutzt verstreichen. Der Preis selbst, ein massiver Betonblock, werde in den nächsten Tagen dem Büro des Preisträgers übergeben.

"Stockerlplätze" für Stadt Wien und Land Niederösterreich

Für "Planungslücken" im Stadtentwicklungsgebiet beim Wiener Nordbahnhof bekam die Stadt Wien den zweiten Platz zugesprochen. "Hier entsteht mit dem Austria Campus ein monofunktionales Office‐Ghetto, das eine flexible Nutzung und den Zugang zu den dahinterliegenden Quartieren verhindert", urteilte die Jury.

Mit dem dritten Preis wurden der ehemalige niederösterreichische Wohnbaulandesrat Wolfgang Sobotka, aktuell Innenminister, und seine im Vorjahr von Architekten zerpflückte Billigschiene "Wohnchance NÖ" bedacht. Dieses "Luftschloss" habe sich in "leeren Kilometern" erschöpft, "denn bis heute wurde kein einziges Wohnhaus errichtet, keine einzige Wohnung vergeben". Gearbeitet daran wird allerdings, wie berichtet, weiterhin.

Positivpreis für Mitarbeiter der Wiener Baudirektion

Einen Positivpreis namens "Gut gemacht!" gab es heuer auch wieder, er ging an Ernst Schlossnickel, einen leitenden Mitarbeiter der Baudirektion Wien, der sich "um den Fachdiskurs zu Planungsfragen verdient gemacht hat und den NutzerInnen der 'Offenen Mailingliste' der IG Architektur bei Fragen zu Bauvorschriften und Normen und deren Auslegung beratend zur Seite stand". (red, 18.10.2017)