Im Wahlkampf hat Bildung kaum eine Rolle gespielt. Dabei sei sie der wichtigste Hebel, um gesellschaftlichen Zusammenhang, Demokratie und Wohlstand zu sichern, sagt Tina Dworschak, Leiterin der Initiative Neustart Schule, bei der Pressekonferenz am Mittwoch in Wien. Die Bildungsbaustellen müssten von der nächsten Regierung, unabhängig von der Parteienkonstellation, angegangen werden.

Neustart Schule wurde vor drei Jahren von der Industriellenvereinigung und 24 Partnerorganisationen gegründet mit dem Ziel, Bewegung in die Bildungspolitik zu bringen. Kein leichtes Unterfangen, denn seit Jahrzehnten werde am Bildungssystem herumgedoktert, das Ergebnis sei ernüchternd, sagt IV-Präsident Georg Kapsch und nennt als erste Baustelle das Fehlen gemeinsamer Ziele. Auch bei der letzten Bildungsreform wurden keine Qualitätsziele für die Bildung, die bereits im Kindergarten beginnt, definiert. "Wir kommen aber aus den ideologischen Grabenkämpfen nicht heraus", sagt Kapsch.

Verantwortung gegenüber Gesellschaft

Auch Hannes Androsch, Initiator des Volksbegehrens Bildungsinitiative, kritisiert die "Blockade und Verwässerung" bei der letzten Bildungsreform. "Das ist nicht akzeptabel." Gleiche Bildungschancen, Integration und Inklusion würden so erschwert. "Wir brauchen autonome Schulen, die auch dementsprechend ausgestattet sind. Wenn das nicht gelingt, ist das verantwortungslos gegenüber der Wirtschaft und der Gesellschaft." Androsch spricht sich für einen gemeinsam verabschiedeten Mindeststandard am Ende der Pflichtschulzeit aus.

"Das Bildungssystem muss auf die Tatsache ausgerichtet sein, dass wir in einer Migrationsgesellschaft leben", sagt Heidi Schrodt, Vorsitzende der Initiative Bildung Grenzenlos. Kenntnisse über frühkindliche Sprachförderung, Interkulturalität und die Frage, wie Zweitspracherwerb funktioniere, gehöre in die Grundausbildung von Pädagogen. Dafür müsse auch die Ausbildung der Elementarpädagogen auf tertiäres Niveau gehoben werden und endlich in die Kompetenz des Bildungsministeriums fallen. Die Diskussion über eine Deutschpflicht an den Schulen hält sie für zu kurz gegriffen. "Mit 'Deutsch vor Schuleintritt' ist es nicht getan." Schulreife könne und dürfe nicht an den Zweitsprachenerwerb gekoppelt werden.

Mehr Unterstützungspersonal nötig

Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich, wünscht sich mehr sozialpädagogisches Personal zur Unterstützung an den Schulen. "Hier werden Lehrer oft hängengelassen." Mehr administrative Unterstützung für Pädagogen sei ein weiterer Wunsch an den künftigen Bildungsminister, die Weiterentwicklung der Schulautonomie und die Einführung einer Bildungspflicht von vier bis 14 Jahren, die erst durch das Erreichen von Bildungszielen (und nicht die Absolvierung von Schuljahren) beendet wird, sind weitere Vorschläge der Initiative. "Dafür muss Bildungspolitik raus aus der Tagespolitik und Parteipolitik raus aus der Schule", sagt Christiane Spiel, Leiterin des Instituts für Angewandte Psychologie der Uni Wien. (ost, 18.10.2017)