In Katar führt die Isolierung eher zum Schulterschluss: eine Gruppe Männer mit katarischer Fahne.

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STANDARD: Katar steht nun seit mehr als vier Monaten unter dem wirtschaftlichen und diplomatischen Boykott Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrains und Ägyptens. Wie schlagen sich die Katarer?

Roberts: Nach dem anfänglichen Schock – und der war groß – ganz gut. Der Staat hat schnell reagiert. Manche sagen ja, dass Katar wusste, dass etwas im Busch war, und einige Vorbereitungen getroffen hat. Das kann ich nicht bestätigen. Aber die Versorgung funktioniert – aus dem Iran und aus der Türkei. Das Problem sind die Kosten, vor allem weil für Katar der günstige Hafen in Dubai wegfällt. Wobei die einzelnen Katarer, die Bevölkerung, diese Kosten aber nicht spüren, die übernimmt der Staat.

STANDARD: Was tut sich an der politischen Front?

Roberts: Die letzte Nachricht ist, dass oppositionelle Katarer eine Exilregierung bilden werden. Das klingt sehr großartig – aber es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sie eine wirkliche Anhängerschaft hat. Im Gegenteil: Diese Aktionen haben wohl eher den Effekt, in Katar einen nationalen Schulterschluss hervorzubringen. Der katarische Nationalismus ist im Aufwind – und dieses Gefühl scheint wirklich echt und auch weitverbreitet zu sein.

STANDARD: Wie "echt" sind diese Oppositionsfiguren? Ist das eine der gigantischen PR-Operationen, mit denen in der Katar-Krise von allen Seiten operiert wird?

Roberts: Natürlich sind es wirkliche Personen aus Katar, aber sie arbeiten mit PR-Firmen zusammen, vielleicht – aber das wissen wir natürlich nicht – ist auch Geld im Spiel. Aber es sind nicht viele, und, wie gesagt, sie sehen bisher ziemlich erfolglos aus, was ihre Wirkung in Katar anbelangt.

STANDARD: Katar bemüht sich, diesen negativen Einfluss zu kontern und sein positives Image zu fördern, etwa indem es sich – wenngleich vergeblich – in der Unesco den Chefposten zu holen versuchte.

Roberts: Katar hat sich schon immer um Einfluss in der Unesco bemüht, auch wegen der Glaubwürdigkeit, die einem die Nähe zu einer solchen Organisation verschafft. Sheikha Mozah (die Mutter von Emir Tamim bin Hamad Al Thani, Anm.) ist es sogar gelungen, mit Al-Zubarah einen katarischen Ort auf die Unesco-Welterbeliste setzen zu lassen. Aber besonders in diesen Zeiten ist für Katar ein Topjob in einer internationalen Organisation wichtig.

STANDARD: Was halten Sie von den Forderungen, Katar die Fußballweltmeisterschaft 2022 wieder wegzunehmen?

Roberts: Das geht ja schon lange hin und her, es hat immer Leute gegeben, die gesagt haben: Das wird nicht in Katar stattfinden. Aber die Katarer haben stets stur weitergemacht. Aus meiner Sicht der Dinge – aber da bin ich kein Experte – würde Katar die Spiele wohl nur verlieren, wenn sich an der Spitze der Fifa etwas signifikant änderte. Für Katar geht es dabei um "country branding": Katar soll mit positiven Themen assoziiert werden.

STANDARD: Wegen des Wirtschaftsboykotts hat sich Katar nun an die Welthandelsorganisation (WTO) gewandt. Bringt das etwas?

Roberts: Kurzfristig wird das bestimmt nichts bewirken. Katar erkundet derzeit viele Wege – und einer davon ist internationaler Druck. Ein anderer ist, die Vermittlung von Kuwait und den USA zu suchen.

STANDARD: US-Präsident Donald Trump hatte schon einmal eine "schnelle Lösung" versprochen, tut sich da etwas? Wobei das Außen- und das Verteidigungsministerium in Washington ja nicht so begeistert waren, dass sich Trump klar auf die saudische/emiratische Seite gestellt hat ...

Roberts: Ich sehe nicht, dass wir im Moment näher an einer Lösung sind. Die Rollenverteilung in Washington könnte eigentlich ein großartiger operativer Weg sein, wenn er bewusst strategisch angelegt wäre. Aber das ist er nicht. (Gudrun Harrer, 14.10.2017)