Bild nicht mehr verfügbar.

Unter den als wünschenswert gesehenen Wahlfolgen sticht auch heraus, dass 23 Prozent wollen, dass Peter Pilz weiter im Nationalrat vertreten bleibt.

Foto: Reuters / Heinz-Peter Bader

Sozialmissbrauch. Das Schlagwort bleibt hängen. Und zwar bei Wählerinnen und Wählern aller Parteien, auch wenn es bei weiter rechts orientierten Wahlberechtigten besonders verfängt. 74 Prozent der ÖVP-Wähler und 76 Prozent der FPÖ-Wähler geben dem Regierungsvorhaben, Sozialmissbrauch zu bekämpfen, die Note eins für "sehr dringend". 17 beziehungsweise 14 weitere Prozent der jeweiligen Parteiwählerschaft schließen sich zudem mit einer Note zwei an.

Am wenigsten beeindruckt sind erklärte Grünen-Wähler, aber auch dort vergibt eine Mehrheit von 29 plus 39 Prozent die Noten eins beziehungsweise zwei. Bei den erklärten Anhängern der SPÖ lautet die Addition 52 plus 33.

Das ergibt eine Market-Umfrage vom September, in der die vordringlichen Themen für die nächste Bundesregierung abgefragt worden sind. Dabei bekommt das Abstellen des Sozialmissbrauchs die Durchschnittsnote 1,57 nach dem Schulnotensystem – knapp vor den Anliegen, dass abgelehnte Asylwerber außer Landes geschafft werden und dass Arbeit geringer besteuert werden sollte (Note 1,62 für beide Items).

Zügige Reformen

In der Oktober-Umfrage ließ der STANDARD dann noch fragen, welche unmittelbaren Folgen sich die Österreicherinnen und Österreicher von der Nationalratswahl wünschen. Die konkrete Frage lautete: "Man hat ja bei einer Wahl nur eine Stimme – aber man kann sich wünschen, was bei der Wahl am Ende herauskommen soll. Welche Folgen der nächsten Nationalratswahl erscheinen Ihnen persönlich wünschenswert?"

Hier gewinnt die Aussage "dass in Österreich Reformen zügig angegangen werden" mit 55 Prozent knapp vor "dass eine Regierung gebildet wird, die fünf Jahre hält". Wobei Market-Institutsleiter David Pfarrhofer darauf verweist, dass die Vorstellungen, was wünschenswerte Reformen sind, klarerweise auseinandergehen. Dies ist ja auch in der Grafik abzulesen.

Pfarrhofer: "Der Wunsch nach Reformen ist etwas geringer als vor der Wahl im September 2013 – da haben 62 Prozent zügige Reformen gewünscht. Diesen Rückgang würde ich nicht überbewerten, aber man muss schauen, wer sich dem allgemeinen Reformstreben anschließt und wer nicht.

Auffallend ist nämlich, dass ausgerechnet die Anhänger der Freiheitlichen mit 39 Prozent sehr unterdurchschnittlich reformfreudig sind. Und die FPÖ-Wähler sind es auch, die sich zwar ihre Partei in der Regierung wünschen, aber auffallend wenig stark wünschen, dass diese Regierung auch fünf Jahre hält."

Wer Pilz im Parlament will

Unter den als wünschenswert gesehenen Wahlfolgen sticht auch heraus, dass 23 Prozent wollen, dass Peter Pilz weiter im Nationalrat vertreten bleibt – seine Fanbasis hat Pilz in Wien und da wieder unter Menschen mit höherer Bildung und Neigung zu SPÖ oder Grünen.

Demgegenüber sagen nur 17 Prozent, dass sie die Neos in der nächsten Gesetzgebungsperiode im Parlament haben wollen, und 15 Prozent sagen das von den Grünen. Pfarrhofer: "Das sind natürlich die weitest erreichbaren Kreise potenzieller Wähler – also Befragte, die angeben, am 15. Oktober dennoch eine andere Wahlentscheidung treffen zu wollen."

Im Gespräch mit dem STANDARD arbeitet Pfarrhofer noch einen anderen Unterschied zu früheren Wahlen heraus: "In den Wochen vor der letzten Nationalratswahl haben uns je nach Umfragewelle zwischen 35 und 41 Prozent der Befragten gesagt, dass sie der Bundesregierung einen Denkzettel verpassen wollen. Heuer ist dieses Motiv sehr viel weniger stark ausgeprägt – einen Denkzettel für die Bundesregierung wollen nur 20 Prozent vergeben. Das könnte damit zusammenhängen, dass vor vier Jahren die Fortführung der damaligen Koalition viel wahrscheinlicher war als heute, für viele Befragte ist Rot-Schwarz inzwischen abgehakt."

Denkzettelwähler

Wähler, die der Regierung einen Denkzettel verpassen wollen, finden sich derzeit vor allem unter den FPÖ-Anhängern. Für die einzelnen Koalitionsparteien sieht es anders aus.

Deshalb wurde (anders als 2013) diesmal auch nach einem Denkzettel für die SPÖ gefragt – den wollen 21 Prozent vergeben, vor allem FPÖ- und ÖVP-Wähler sowie männliche und ältere Befragte. Einen Denkzettel für die ÖVP nennen nur 13 Prozent als erwünschte Wahlfolge – erwartungsgemäß besonders die Anhänger der SPÖ sowie Befragte mit höherer Bildung.

Prioritäten für die Regierung

Zurück zu den Aufgaben, die die Österreicherinnen und Österreicher für die nächste Regierung als dringlich sehen, und damit zur Grafik (die nach der Summe der Noten eins und zwei und nicht nach dem Notenschnitt gereiht ist): Nach Abstellung des Sozialmissbrauchs, der Abschiebung von abgelehnten Asylwerbern und der Steuerentlastung für Arbeit kommt – mit geringem Abstand – das Anliegen einer gerechten Verteilung von Flüchtlingen in der ganzen EU (Note 1,67).

Dieses Thema liegt Frauen mehr am Herzen als Männern, Älteren mehr als Jüngeren – im Zeitvergleich mit September 2015, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung, ist der Wert aber gesunken.

Nächster Eintrag auf der Prioritätenliste ist der Schutz Österreichs vor Terror (1,69) – ein Punkt, an dem die Sorgen der Älteren besonders deutlich zu Buche schlagen. Mit 1,76 kommt das Anliegen, "dass Unternehmer leichter Arbeitsplätze schaffen können" (auch das erscheint älteren Befragten wichtiger als jüngeren) und "dass alle jungen Menschen bis zum 18. Geburtstag eine Ausbildung bekommen" (1,77).

Ganz weit hinten:

  • "Dass künftig jeder seine Konten und Sparbücher der Finanz offenlegen muss" (Note 3,68) – wirkliche Fans dieser Maßnahme gibt es nur vereinzelt bei SPÖ und Pilz.
  • "Dass Erbschaften besteuert werden" (Note 3,51), ist unter SPÖ-Wählern mehrheitsfähig, wird aber in anderen Gruppen mehr oder weniger stark abgelehnt.
  • Ganz ähnlich die Ablehnung der Forderung, "dass Privatvermögen besteuert werden" (Note 3,42) – hier folgen die Befürworter (SP-Wähler, Grüne) und Ablehner (VP- und FP-Wähler) stark den Linien ihrer präferierten Parteien.
  • Ebenfalls weit hinten auf der Liste: "dass es für alle Kinder bis 14 eine einheitliche Schule gibt" mit der Note 3,14. Diese klassische SP-Forderung wird von den Wählern anderer Parteien teilweise mitgetragen, von den ÖVP-Anhängern aber stramm abgelehnt.

(Conrad Seidl, 14.10.2017)