Kann das alles schon nicht mehr sehen: Travis (Ernst K. Weigel).

Günter Macho

Wien – Mit Taxi Driver schufen Paul Schrader (Drehbuch) und Regisseur Martin Scorsese 1976 ein filmisches Referenzwerk, in dem einem Mann mit nächtlich geschärftem Blick das Bild einer auseinanderfallenden Welt zu Leibe rückt. Travis Bickle, der durch die Darstellung von Robert De Niro berühmt gewordene New Yorker Taxifahrer, wird der Ausbeutung und Brutalität, die unter Menschen herrscht, Nacht für Nacht ansichtig. Er entwickelt eine fatale Lebensphilosophie.

Von ihm eine Brücke zu der österreichischen Figur des Herrn Karl zu schlagen, so wie das das bernhard ensemble in seiner aktuellen Produktion macht, ist ein genialer Schachzug. Und ein weiteres Beispiel einer gelungenen Verquickung US-amerikanischer Filmkultur mit österreichischen Literaturklassikern von Regisseur Ernst Kurt Weigel. Es wurden schon Lumpazivagabundus mit The Big Lebowski verkuppelt oder Lost Highway mit Das weite Land.

Gekotze der nächtlichen Kundschaft

Nun heißt das Stück Taxi Speiber und hatte im Off-Theater Uraufführung. Auf der Karosserie eines alten Citroën DS leuchtet im warmen Licht ein gelbes "Taxi"-Schild, es liegt die düster-dumpfe Musik von Bernhard Fleischmann schwer in der Luft, am Steuer sitzt Travis (Weigel) in Vollmontur mit Irokese und lässt das Geplapper, auch das Gekotze der nächtlichen Kundschaften reglos über sich ergehen.

"Ich habe keine Bedürfnisse", lässt er die Worte des Herrn Karl gemütslos über seine Lippen purzeln. Es wird ihn später aber doch der Furor erfassen, und er wird sich zum Retter einer minderjährigen Prostituierten aufschwingen – eine denkwürdige Begegnung, für die Schauspielerin Isabella Jeschke samt ihrer gänzlich unkitschigen Darstellung einer 13-Jährigen, deren Kindlichkeit unter Tonnen von Unrat verschüttgegangenen ist, aber durchblitzt, eigentlich der Oscar gebührt.

Sechs Schauspieler sind es insgesamt, die in wechselnden Rollen als Taxikollegen oder Fahrgäste das ganz normale verkommene Gesocks hochleben lassen, vom Dinkel-Basher zum Hitler-Fan, besonders Kajetan Dick lehrt als frauenverachtender Capo das Gruseln. Die vagen Hoffnungen, die Travis an eine Frau (Leonie Wahl) knüpft, als tänzerische Dialoge zu zeigen, krönen den konzentrierten Strom der Inszenierung. Special Fahrgast war am Dienstag Hubert Kramar mit einer berührenden Geschichte vom Verlust eines Hundes. (Margarete Affenzeller, 12.10.2017)