Wien – Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass Gemeinden keine Parteistellung haben, wenn der Innenminister von seinem Durchgriffsrecht zur Schaffung von Unterkünften für Asylwerber Gebrauch macht, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung des Höchstgerichts.

"Sowohl der Systematik als auch dem Zweck des Bundesverfassungsgesetzes Unterbringung zufolge soll alleine der betroffene Grundstückseigentümer als Partei an einem derartigen Verfahren teilnehmen", heißt es in einem Erkenntnis vom 28. September 2017. Eine Parteistellung der Gemeinde lässt sich auch aus dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht nicht ableiten, weil der Innenminister hier nicht als Aufsichtsbehörde handelt, sondern bloß eine ihm durch Bundesverfassungsrecht verliehene Zuständigkeit wahrnimmt.

Wels war Beschwerdeführerin

Beschwerdeführerin war die Stadt Wels, die einen Bescheid des Innenministers über die Unterbringung von Asylwerbern auf dem Gelände der ehemaligen Frauenklinik bekämpfte. In ihrer Beschwerde hatte die oberösterreichische Bezirksstadt geltend gemacht, dass das "Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden" (BVG Unterbringung) dem föderalistischen und dem rechtsstaatlichen Prinzip der Bundesverfassung sowie dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden widerspreche.

Der VfGH ließ diese Einwände nicht gelten und wies die Beschwerde ab. Das "BVG Unterbringung" wurde im Verfassungsrang beschlossen. Eine Verfassungswidrigkeit käme daher nur dann in Betracht, wenn das Gesetz eine Gesamtänderung der Verfassung bewirken würde – das ist jedoch nicht der Fall.

Schon Ossiach hatte Beschwerde gefürht

Der Verfassungsgerichtshof weist allerdings auch darauf hin, dass es unabhängig von der Parteistellung an der Gemeinde liegt, nach baurechtlichen Vorschriften einzuschreiten, wenn die betreffende Liegenschaft zu Zwecken benutzt wird, die nicht vom BVG Unterbringung erfasst sind.

Das Durchgriffsrecht hatte den VfGH bereits im Jahr 2016 beschäftigt. Die Beschwerde der Kärntner Gemeinde Ossiach wurde aber zurückgewiesen, weil sie sich direkt gegen einen Bescheid der Innenministerin gerichtet hatte. Die Stadt Wels hat im Unterschied dazu zuerst das Bundesverwaltungsgericht und erst nach der Zurückweisung dieser ersten Beschwerde den VfGH angerufen. (red, 11.10.2017)