Wien – Wenn Zank und Hader das Nachrichtengeschehen prägen, liest man so etwas doch gerne: Insgesamt betrachtet ist die Spezies Homo sapiens als ausgesprochen kooperativ und hilfsbereit zu betrachten. Selbst in einem von Konkurrenz geprägten Umfeld sei die Bereitschaft zur Zusammenarbeit hoch, berichten Wiener Forscher mit internationalen Kollegen im Fachmagazin "Scientific Reports". Deutlich über dem Schnitt liegt laut der Studie die Kooperationsbereitschaft unter Männern.

Die Studie

"Es gab schon viele Experimente, bei denen Menschen sich sehr prosozial und kooperativ zeigten, aber bis jetzt wurde dies immer unter artifiziellen Konditionen getestet", sagt Jorg Massen vom Department für Kognitionsbiologie der Uni Wien – nämlich in gestellten Situationen meist mit Psychologiestudenten. Er habe deshalb eine aus dem Leben gegriffene Aufgabe in einem sehr kompetitiven Milieu ausgesucht: der Wissenschaft.

Wenn die Menschen hier Bereitschaft zur Zusammenarbeit zeigten, wären sie tatsächlich eine kooperative Spezies, meint Massen. Ob diese Grundannahme berechtigt ist, bleibt freilich dahingestellt – in anderen gesellschaftlichen Bereichen könnte der Wille zur Kooperation durchaus weniger ausgeprägt sein als in der Wissenschaft.

Die Forscher haben jedenfalls rund 300 Fachkollegen aus der ganzen Welt frech um ihre wissenschaftlichen Rohdaten gebeten, unter dem Vorwand, dass sie diese für eine Metastudie brauchen würden, also um die Daten verschiedener Forscher kollektiv auszuwerten. Sie boten ihnen dafür nichts an – weder eine Mit-Autorenschaft an damit entstehenden Publikationen noch anderes. Im Schnitt war mehr als die Hälfte der Wissenschafter (59 Prozent) dazu bereit.

Unterschiede zwischen den Geschlechtern

Es war aber alles andere als irrelevant, von welchem Geschlecht der Bittsteller und der Gönner waren. Männer kooperierten mit Männern weitaus häufiger (72 Prozent) als bei allen anderen Konstellationen, also Frauen untereinander (56 Prozent), wenn ein Mann bei einer Frau angefragt hat (53 Prozent) oder eine Frau einen Mann um seine Daten bat (54 Prozent), erklärte Massen.

"Solche Unterschiede bei den Geschlechtern reflektieren vielleicht den höheren Wettbewerbsdruck, den Frauen wahrnehmen, traditionell männliche Netzwerke in den akademischen Kreisen sowie unsere evolutionäre Vergangenheit, in der vor allem Allianzen zwischen Männern vorteilhaft waren", meint der Forscher. Er selbst hätte übrigens nicht auf das Geschlecht der anfragenden Person geachtet, sondern nachgefragt, was denn genau mit seinen Daten passieren soll. (APA, red, 11. 10. 2017)