Bild nicht mehr verfügbar.

Gesichtsverhüllt im Mittelpunkt des Interesses: Der Frankoalgerier Rachid Nekkaz protestierte am Montag in der Wiener City mit Maske und Mundbedeckung gegen das neue Verschleierungsverbot.

Foto: Reuters / Heinz-Peter Bader

Wien – Die Aktion gegen das seit zehn Tagen in Österreich geltende Gesichtsverhüllungs-, vulgo Burkaverbot, war höchst öffentlichkeitswirksam. Sie endete mit 50 Euro Geldstrafe für den Aktionisten.

In einem Fiaker hatte sich der algerisch-französische Millionär Rachid Nekkaz Montagvormittag vor das Außenministerium am Minoritenplatz in Wien fahren lassen, mit einer orange-roten Maske vor den Augen und einem mit Hundert-Euro-Noten geschmückten Foto von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) vor Mund und Kinn.

Auf dem Platz warteten dutzende Journalisten sowie einige Anhänger Nekkaz'. Alle bekamen mit, wie sich dem 44-Jährigen, der angekündigt hat, anfallende Strafen wegen des Verhüllungsverbots zu bezahlen, mehrere Polizisten näherten.

Die Beamten forderten Nekkaz auf, sein Gesicht zu enthüllen, worauf dieser die Maske von den Augen nahm. Doch das reichte nicht: Das Antigesichtsverhüllungsgesetz verlangt nach gänzlicher Gesichtssichtbarkeit. Also wurde der Franko-Algerier ins ebenfalls am Minoritenplatz befindliche Innenministerium eskortiert. 15 Minuten später kam er mit der 50-Euro-Organstrafverfügung wieder heraus.

Er respektiere den österreichischen Staat und seine Gesetze, sagte Nekkaz, der international gegen Verschleierungsverbote sowie Verbote von Burkinis, muslimischen Badeanzügen, protestiert – und der in Frankreich umstritten ist. Wer in Österreich wegen Übertretens des Gesichtsverhüllungsverbots eine Strafe erhalte, solle diese bezahlen. Er werde das Geld rückerstatten, eine Nachricht per Mail oder über seine Facebook-Seite reichten aus.

Burkastrafen ausgenommen

Refundieren will Nekkaz die Strafen von Nikab, also Gesichtsschleier mit Sehschlitz, tragenden Musliminnen, aber auch von Maskenträgern. Zuletzt wurden auch Radfahrer, die mit einem Schal über dem Mund angetroffen wurden, abgemahnt. Nicht übernehmen will Nekkaz Sanktionen wegen des Tragens einer Burka als solcher. Diese Ganzkörperverschleierung mit Stoffgitter vor den Augen werde nicht aufgrund freier Entscheidung getragen.

Wenig Freude hat Außenminister Kurz mit der Aktion. Dass Nekkaz in Österreich einschlägige Strafen bezahlen wolle, sei "ein Versuch, unsere Gesellschaft zu beeinflussen, den wir nicht hinnehmen werden". Die Vollverschleierung von Frauen sei "ein Symbol der Gegengesellschaft und des politischen Islamismus, den wir entschieden bekämpfen", sagte er.

Schwere Kritik gegen das Antigesichtsverhüllungsgesetz kommt vom Verfassungsrechtsexperten Bernd-Christian Funk. Verwarnungen von Radfahrern und Anzeigen gegen Kostümträger wie etwa eines Mitarbeiters des Apple-Resellers McShark im Hai-Outfit zeigten, dass über das erklärte Ziel der Bestimmung, das Verbot von Burka und Nikab, hinausgeschossen worden sei.

Im STANDARD-Gespräch findet Funk harte Worte: "Dieses Gesetz ist Nonsens, ein Gipfel der Dummheit." Sein Rat: Strafen nicht bezahlen, sondern berufen. Das Antigesichtsverhüllungsgesetz werde wohl "vor dem Verfassungsgerichtshof landen". (Irene Brickner, Anastasia Hammerschmied, 10.10.2017)