Seit 2010 gibt der Grazer Aula-Verlag in Ergänzung seiner Monatszeitschrift Die Aula ein circa zweimonatlich erscheinendes Heftchen unter dem Namen "gegenARGUMENT" heraus, das sich als "Info-Broschüre für eine kritische Jugend" versteht und dementsprechend – nach eigenen Angaben – immer wieder auch vor Schulen verteilt wird. Inhalt und Ton der Zeitschrift weisen sie, gleich dem Mutterorgan, als fest auf dem Boden rechtsextremer Ideologie verankert aus. In jüngster Zeit lässt das konsequent ohne Autorenangaben erscheinende Periodikum auch die letzten Hemmungen fallen, wie die folgenden Auszüge aus den Ausgaben des laufenden Jahres illustrieren.

Foto: Weidinger

Für das "Recht, fremde Menschen nicht zu mögen"

Im Einklang mit den neofaschistischen Identitären sieht "gegenARGUMENT" "Remigration" als "oberstes Gebot der Stunde". Eine Integration von Zugewanderten wird rundweg abgelehnt: "Wir wollen das nicht! Das müssen wir uns auch endlich zu sagen trauen, statt dieses Gesülze von 'Wenn sie sich nur schön brav integrieren, ist alles in Ordnung' runterzuleiern. Ist es nicht!" Für abgelehnte Asylwerberinnen und Asylwerber fordert man "die Festsetzung der Betrüger … in Rückführungslagern" (Nr. 2/2017). In dieselbe Kerbe schlägt ein Brief der "Mannschaft vom 'gegenARGUMENT'" an Sympathisantinnen und Sympathisanten vom April 2017. "Es muss Schluss sein mit der bürgerlichen Zurückhaltung und Herumlavierereien wie 'Solange sie sich integrieren, hab ich nichts gegen die Ausländer!'. Nein, es ist unser Recht zu sagen, dass wir sie eben nicht hier haben wollen, dass wir Österreicher in Österreich österreichisch bleiben wollen, ohne Begründung, ohne Argumentation." Die Folgenummer pocht auf ein "Recht und die Freiheit" jedes "Einheimische[n] …, fremde Menschen nicht zu mögen" und "nur unter seinesgleichen leben zu wollen". Anti-Diskriminierungs-Bestimmungen seien in diesem Sinne "zu hinterfragen, abzuändern oder ganz zu eliminieren." (Nr. 3/2017)

Menschenrechte als Geißel der "Völker und Rassen"

Heft Nr. 4/2017 reitet eine Frontalattacke gegen die Menschenrechte und die ihnen zugrunde liegende Idee der Gleichheit aller Menschen. Die Existenz von Menschenrechten würde "unserem Volk stark zusetzen. Wir wollen in dieser Ausgabe zeigen, dass diese 'Menschheitsrechte' schnellstens abgeschafft oder zumindest gravierend abgeändert werden müssen", heißt es in der Einleitung. Dieses Ansinnen findet sich im Heft wiederholt in geringfügiger Modifikation: Es wäre "schon längst an der Zeit gewesen, diese [Menschenrechte] auf dem Müllhaufen der Geschichte zu entsorgen oder zumindest … grundlegend umzuschreiben." Oder: "Die Menschenrechte in ihrer jetzigen Form sind unnötig und gehören abgeschafft." Dass Menschenrechte "überall auf der Welt zu gelten" hätten, "und zwar für jeden Menschen", sei "höchst problematisch". Umso notwendiger sei "Kritik an dieser pseudo-göttlichen Ordnung, die uns schon zu lange traktiert". Die Gleichheit aller Menschen sei eine irrige Annahme, denn "[d]ie rassischen und kulturellen Unterschiede sind zahlreich". Gleichheitspostulat und Multikulturalismus kämen einem "Verbrechen an den Völkern und Rassen der Erde" gleich. Die Grundrechtscharta der EU sei eine "Manifestation des Irrsinns". Weiters verweist das Heft auf ein Youtube-Video von Identitären-Leiter Martin Sellner, in dem dieser mit dem vermeintlichen "Ethnomasochismus" und "Auto-Rassismus" abrechnet, den "Europäer und Weiße" gegen sich richten würden.

"Sammellager" für Asylberechtigte (sic!)

Das aktuelle Heft Nr. 5/2017 ("Masseneinwanderung abwählen!") zitiert ausführlich und zustimmend Aussagen des Journalisten Michael Fleischhacker (Addendum) über die Verheerungen, welche die "68er" und die "Frankfurter Schule" in Gesellschaft und Medienlandschaft angerichtet hätten. Weiters propagiert diese Ausgabe weitere drakonische Verschärfungen im Bereich des Asylwesens: "Ausländer mit Asylstatus bekommen eine minimalste Grundversorgung in Sammelzentren (damit man sie für eine Rückkehr optimal vorbereiten kann und nicht übers Land verstreut) so lange, wie der Fluchtgrund besteht, danach haben sie umgehend und auf günstigstem Wege das Land zu verlassen". Bereits erlassene, positive Asylbescheide seien "neu zu prüfen und neu zu entscheiden", wobei "strengste Kriterien" anzuwenden seien. "Integration von Asylsuchenden darf nicht stattfinden".

Freiheitliche Verbindungen

Brisanz gewinnen Ausführungen wie diese angesichts des Umstandes, dass die Zeitschrift mit einer österreichischen Parlaments- und möglicherweise bald Regierungspartei eng verwoben ist. Der Aula-Verlag als Medieninhaber des "gegenARGUMENT" befindet sich im Eigentum der Freiheitlichen Akademikerverbände, einer Vorfeldorganisationen der FPÖ. Die Geschäfte des Verlages führt Martin Pfeiffer, gleichzeitig Aula-Schriftleiter, Vorsitzender der rechtsextremen Gesellschaft für freie Publizistik und FPÖ-Mitglied. In den Vorständen der Verlagseigentümer finden sich drei hochrangige FPÖ-Funktionäre: die Nationalratsabgeordneten Wendelin Mölzer (Obmann FAV-Kärnten) und Axel Kassegger (Kassier FAV-Steiermark) sowie der Wiener Landtagsabgeordnete Dietbert Kowarik (Schriftführer FAV Wien-Niederösterreich Burgenland), weiters Heinrich Sickl (Obmann FAV-Steiermark, FPÖ-Kandidat für die jüngsten Grazer Gemeinderatswahlen) und Ulrich Püschel (stv. Obmann FAV-Oberösterreich, Büroleiter des Linzer FPÖ-Stadtrats Markus Hein, Mitarbeiter des rechtsextremen Magazins "Info-DIREKT" und Mitorganisator des Linzer Rechtsextremen-Kongresses "Verteidiger Europas" 2016). Der Facebook-Auftritt von "gegenARGUMENT" findet unter anderem bei Elmar Podgorschek (freiheitlicher Landesrat in Oberösterreich) und Fritz Simhandl (Referent im FPÖ-Nationalratsklub) Gefallen.

Politiker, die sich in den letzten Jahren der Zeitschrift für Interviews zur Verfügung stellten, entstammen ausnahmslos der FPÖ – darunter Harald Vilimsky (Nr. 2/2014), Johannes Hübner (Nr. 2/2015) und Heinz-Christian Strache (Nr. 1/2016). Letzterer wurde dabei als "Anwalt des eigenen Volkes" und "der einzige Parteivorsitzende in Österreich" eingeführt, "der für die Interessen des eigenen Landes eintritt". Im Interview bekannte Strache sich zu der Möglichkeit, die Genfer Flüchtlingskonvention einer Volksabstimmung zu unterziehen. Hübner beantwortete seinerseits die Frage, ob es "überhaupt ein Thema geben [kann], worüber die Bevölkerung … nicht abstimmen" dürfe, kurz und prägnant mit "Nein". (Bernhard Weidinger, 6.10.2017)

Bernhard Weidinger ist Rechtsextremismusforscher am Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und Mitglied der Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit (FIPU).