Mit der guten Idee allein kommt man nicht weit. Eine wichtige Grundvoraussetzung für Gründer ist Durchhaltevermögen.

Wien – Zeit ist Geld. Für Jung-Entrepreneure scheint die Devise mehr zuzutreffen als je zuvor. Um neun Uhr morgens haben viele schon Infomaterial oder Kontakte gesammelt. In der quirligen Menge im Congress Center der Messe Wien werden Telefonnummern in Smartphones getippt, altmodisch Visitenkarten in Sakko- und Kostümtaschen geschoben und Papiertaschen mit Foldern über Tresen der Messestände gereicht. Mit 30 hat manch einer der Besucher am Jungunternehmertag schon die eine oder andere Gründung und manchen Absturz hinter sich. "Der richtige Businessplan ist entscheidend" bietet sich als Vortragsthema auch für Gescheiterte an.

Auch blutige Neulinge holen sich Ezzes, etwa bei Vorträgen zu Basisthemen wie Steuererklärung oder Buchhaltung. Wieder andere sind noch weiter vom Unternehmertum entfernt. Ivan Filipovic etwa arbeitet derzeit in einer Sicherheitstechnikfirma und studiert berufsbegleitend an einer Fachhochschule. Der 27-Jährige fügt sich im saloppen Business-Outfit, Jeans, weißes T-Shirt und Sneakers, gut ins Bild. Ob er sich in das Abenteuer Gründung stürzen soll, weiß er noch nicht genau. "Ich bin in dem was ich mache, gut, aber vielleicht zahlt sich Unternehmertum für mich finanziell mehr aus", sagt er selbstbewusst. Eine konkrete Idee hat er noch nicht. Auch deswegen ist er hier.

Herausfordernde Zeiten

Die Zeiten für Gründer seien nicht nur herausfordernd, es gelte die Chancen zu sehen, werben die Wiener Veranstalter, Wirtschaftskammer, Wirtschaftsagentur und Junge Wirtschaft. Gerade weil viele Grundsätze ins Wanken gerieten, die Geschäftsmodelle fast schon Jahrhunderte geprägt hätten. "Der weltgrößte Buchhändler besitzt kein einziges Buch, der größte Taxiunternehmer kein Taxi", nennt Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur, einen davon. "Es reicht nicht mehr, der Beste seiner Klasse zu sein, wenn es die Klassen nicht mehr gibt", gibt er den jungen Frauen und Männern mit auf den Weg. Das Gute: Durch neue Technologien sei Gründen leichter geworden, die Möglichkeiten vielfältiger.

"Ihr müsst euch trauen", trommelt Ali Mahlodji in seinem Vortrag. Der Ex-Flüchtling, Schulabbrecher und Jobhopper hat geschafft, wovon viele träumen. Mit seiner Videoplattform Whatchado, einer Art Online-Dating in karrieretechnischer Hinsicht, wird er derzeit als Überflieger herumgereicht. An das Feedback zu seiner Idee erinnert er sich genau: "Du hast einen Vogel." "Inspirierend, dieses Durchhaltevermögen", sagt FH-Student Filipovic sichtlich beeindruckt. Mahlodji hatte auch Glück und traf zum richtigen Zeitpunkt einen Investor.

Alte Wünsche

Jürgen Tarbauer, Geschäftsführer der Jungen Wirtschaft, setzt auf Fordern, Fordern, Fordern. Dass der Beschäftigungsbonus nicht nur für Start-ups gilt, sei ein erster Schritt: "Immerhin sind nur vier Prozent der 38.636 Neugründungen Start-ups." Jungunternehmer setzen durchaus auf traditionelle Ideen, als Tischler oder mit neu gedachten alten Produkten wie Schneidbrettern. Bunte Post-its an einer Tafel im Eingangsbereich geben ihm recht: Standorte für Eisverkauf oder Partner für coole Bars werden da gesucht.

Was sich die Jungen von der neuen Regierung wünschen, ist von den älteren Semestern sehr lange bekannt: niedrigere Lohnnebenkosten, weniger Bürokratie. Dicke Bretter bohren gehöre eben zum Geschäft, sagt Tarbauer. Einen Stolperstein, den er gerne aus dem Weg geräumt hätte: "Warum muss ich einen Antrag auf Lohnnebenkostensenkung stellen?" (Regina Bruckner, 4.10.2017)