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Premier Carles Puigdemont fiel die Aufgabe zu, Katalonien durch den "Prozess" – wie der Fahrplan zur Unabhängigkeit getauft wurde – zu führen.

Foto: REUTERS/Jon Nazca

So mancher Befürworter der Unabhängigkeit Kataloniens hatte Carles Puigdemont, der seit Jänner 2016 der Autonomieregierung Generalitat vorsteht, nicht so recht über den Weg getraut. Zwar ist der Sohn eines Konditors aus einem 2000-Seelen-Ort im tiefen Katalonien von jeher für die Unabhängigkeit, aber seine Partei Convergència i Unió (CiU), die sich in Demokratische Europäische Partei Kataloniens (PdeCat) umbenannte, war es nicht.

Sie schloss sich der immer stärker werdenden Bewegung auf Druck von unten an und trat bei den vergangenen Wahlen im Bündnis Gemeinsam für das Ja (JxSí) an. Puigdemont fiel die Aufgabe zu, wie bei den Wahlen versprochen Katalonien durch den "Prozess" – wie der Fahrplan zur Unabhängigkeit getauft wurde – zu führen. Und der 54-Jährige macht diesen Job gut. Puigdi, wie ihn seine Freunde nennen, werden Beharrlichkeit und Ausdauer nachgesagt. Trotz richterlicher Anweisungen, Razzien und Strafverfolgung lässt er sich nicht beirren. Am Sonntag werde es eine Abstimmung über die Unabhängigkeit geben, beteuerte er immer wieder. Und wer ihn ansah, war geneigt, ihm zu glauben.

Protest für verhaftete Separatisten

Seine politische Laufbahn begann während der Olympischen Spiele 1982 in der Solidaritätsbewegung für 45 auf Geheiß von Richter Baltasar Garzón verhaftete Separatisten. Von ihnen gehe Terrorgefahr aus, lautete die Begründung.

Puigdemont, der neben Spanisch und Katalanisch perfekt Französisch, Englisch und Rumänisch, die Sprache seiner Ehefrau, spricht, ist Journalist. Er baute die katalanische Nachrichtenagentur auf, war Chefredakteur einer Tageszeitung und leitete schließlich die englischsprachige Catalonia Today. Den Job legte er nieder, als die CiU ihm ein Angebot machte, das er nicht ausschlagen konnte. Er solle auf der Liste für das Parlament in Barcelona kandidieren und sich zugleich um den Posten des Bürgermeisters in der Provinzhauptstadt Girona bewerben.

Beides gelang ihm. 2015 wurde er Präsident der "Gemeinden für die Unabhängigkeit", bis er vom ehemaligen Präsidenten der Generalitat, Artur Mas, zum Nachfolger bestimmt wurde. In den vergangenen Wochen höchster politischer Anspannung gab der Vater zweier Töchter ungewöhnlich viele Interviews – in Katalonien und in ganz Spanien. Doch selbst in der katalanischen Presse erscheinen immer wieder auch kritische Berichte – mit Blick auf Korruptionsvorwürfe gegen Puigdemont aus seiner Zeit als Bürgermeister. (Reiner Wandler, 1.10.2017)