Und schon wieder ein Friedensnobelpreis, der offenbar ungerechtfertigt vergeben wurde: Zahlreiche Stimmen werden dieser Tage laut, der myanmarischen De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi den Preis aus dem Jahr 1991 wieder abzuerkennen. Derzeit wird die frühere Hoffnungsträgerin ihrer vom Westen übertragenen, wohl ziemlich überfrachteten Rolle der Menschenrechtsverteidigerin tatsächlich nicht gerecht. Sie schwieg monatelang bezüglich der Gewalt gegen die muslimische Rohingya-Minderheit im Land, massiv verspätet und halbherzig verurteilte sie am Montag die Geschehnisse.

Dass sie ihre Rede in englischer Sprache hielt, macht deutlich, dass sie sich vor allem an die internationale Gemeinschaft wendet. Ihre Zurückhaltung lässt erkennen, wie wenig Spielraum die Frau hat, anscheinend hat sie keinen Einfluss auf die Soldaten, die schwere Menschenrechtsverbrechen begehen. Schon zwei Tage vor ihrer Rede machte General Min Aung Hlaing klar, wer nach wie vor das Sagen hat. Er forderte, dass die Nation gegen den "Terror der muslimischen Banden" zusammenstehen müsse. Eine unmissverständliche Drohung.

In dieser Krise versagt nicht nur Suu Kyi, es versagen auch die Asean-Staaten. Der Druck von außen, die Soldaten zurückzupfeifen, ist viel zu schwach und zeigt den Kern des Problems: Der Konflikt droht über das Land hinaus zum Kampf Muslime gegen Nichtmuslime zu werden. (Manuela Honsig-Erlenburg, 19.9.2017)