Peter Syrch und Sabine Jäger sind die Macher der neuen Designmesse in der Hofburg, die sich auch auf viele andere Orte im 1. Wiener Bezirk ausbreitet.

Foto: Nathan Murrell

Wer dieser Tage durch die Wiener Innenstadt flaniert und sich immer wieder im Angesicht von gelben, aufgepickten Rahmen auf Schaufenstern findet, mag sich fragen, was das zu bedeuten hat. Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um 43 Geschäfte, die Teil der Design-Messe "Design District 1010" sind. Diese wird von 6. bis 8. Oktober auf mehr als 5000 Quadratmetern in der Wiener Hofburg, aber eben auch an anderen Orten des 1. Bezirks stattfinden.

Die Geschäfte sind als eine Art Messe-Satelliten zu verstehen, will das Projekt doch weit über die Mauern der Hofburg hinausstrahlen und den ganzen 1. Bezirk zu einem großen Designparcours machen. Zu dessen Stationen zählen die Geschäfte und Showrooms von Bang & Olufsen, COR Interlübke, B&B Italia Maxalto, Steiniger Designers, Minotti, R. Horn's – und in dieser Tonlage immer so weiter. In der Hofburg selbst werden insgesamt mehr als 80 Marken vertreten sein: von Interieur über Technik, Hi-Fi, Immobilien und Accessoires wird alles feilgeboten, was das Lifestyle-Herz so begehren kann.

Hintergründe

Alles schön und gut, und die gelben Rahmen funktionieren als Eyecatcher nicht einmal schlecht, aber ein paar große Abziehbilder holen schon lang keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Das ist auch den Machern der Messe, Sabine Jäger und Peter Syrch, klar, ebenso wie der Umstand, dass es heute mehr braucht als ein paar Messestände, klingende Namen und eine gute Location. Überhaupt sei die Frage gestellt: Braucht denn die Stadt neben Messen wie der "Home Depot", "Wohnen & Interieur", "Blickfang" etc. wirklich ein weiteres solches Format?

"Diese Frage haben wir uns am Anfang auch gestellt. Das Ganze macht nur Sinn, wenn wir es anders angehen", sagen Jäger und Syrch, die mehr als ein Jahr am Konzept getüftelt haben. "Abziehbilder auf der Auslage und ein Glas Sekt beim Besuch eines Showrooms sind zu wenig. Uns geht es um einen Blick hinter das Produkt bzw. die Marke. Bei manchen Ausstellern werden deshalb Designer und Handwerker vor Ort sein, zum Beispiel bei B & B Italia. Es geht nicht nur darum, dem Interessierten das fertige Produkt zu präsentieren. Es geht uns um eine Erweiterung des Bewusstseins für Design. Bei Steininger Designers steht zum Beispiel die Frage im Vordergrund, wie Interieur-Design mit gesamten architektonischen Lösungen zusammenspielen. Auch hier werden Fachleute zugegen sein."

Der erste Bezirk als Design-Showroom

Die Veranstalter sprechen von einer Messe zum Angreifen, bei der die Dramaturgie wichtig ist. Der ganze 1. Bezirk soll sich, geht es nach Syrch und Jäger, in einen Design-Showroom verwandeln.

Erfahrung sammelten Syrch und Jäger unter anderem mit der Design-Ausstellung der Tageszeitung "Die Presse", welche einst von Syrch und Jäger verantwortet wurde, aber auch bei den "Design Days" im niederösterreichischen Grafenegg, die im heurigen Frühjahr stattfand.

"Natürlich sind die Messen von Köln und Mailand im Vergleich zu unserem Projekt Giganten, aber oft braucht es einige Monate, bis die Neuerungen auch hierzulande zu sehen sind. Zuvor sah man sie oft nur in Zeitschriften, jetzt kann man sie auch im Rahmen der Messe begutachten."

Um dem Begriff "Design District" gerechter zu werden, kommen auch große gläserene Würfel, Cubes genannt, im Stadtbild zum Einsatz. Sie dienen als eine Art Schaufenster, aufgestellt an prominenten Orten der Innenstadt wie vor dem Café Landtmann, am Michaelerplatz oder beim Burgtor. Zu sehen sind rein kommerzielle Auslagen wie etwa ein Würfel von Range Rover oder Gaggenau, aber auch steinerne Objekt-Installationen des österreichischen Designers Rainer Mutsch. Eine Architektenlounge, eine Kid's Area samt Playstation-Bereich fehlen übrigens auch nicht.

Staubfänger

Da zum Wohnen auch Wände gehören, hat auch die Immo-Branche ihren Auftritt beim Event. Es wird samt Shuttle-Service die Möglichkeit geben, verschiedene, zum Teil noch im Bau befindliche Immobilien im 1. Bezirk zwischen Urban Chic und imperialem Stil zu besichtigen. Eine davon wird im Rahmen einer Rauminstallation vom Designer Patrick Rampelotto bespielt. "Auch diese Touren verstehen wir als Erweiterung des Design-Bewusstseins", erklärt Sabine Jäger, die gemeinsam mit Peter Syrch gegen die Staubschicht ankämpfen will, der dem Begriff Messe nicht selten innewohnt. "Ich denke, die Zeit der klassischen Messe ist, sehen wir von den Fachmessen ab, vorbei", ergänzt Syrch.

Es wird also neben der an diesem Wochenende ebenfalls noch andauernden "Vienna Design Week" (29. 9. bis 8. 10.) noch viel mehr an Design zu sehen geben, auch wenn sich der Design District als Ausstellung für den Endverbraucher gibt und mit der großen experimentellen Spielwiese zeitgenössischen Designs nur wenig Berührungspunkte hat. Als gegenseitige interessante Ergänzungen funktionieren beide Veranstaltungen auf jeden Fall, denn beide Veranstaltungen wollen vermitteln, dass Design viel mehr ist, als man auf den ersten Blick sieht. (Michael Hausenblas, RONDO, 25.9.2017)

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