Peter Pilz führte die Erinnerungsprobleme auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung zurück.

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Wien – Ein internes Diskussionspapier von Peter Pilz hat am Samstag kurzzeitig für Irritationen gesorgt. Aus der Unterlage, aus der die APA zitierte, geht hervor, wie sehr Pilz schon Mitte 2016 von der grünen Parteilinie in Sache Asyl- und Zuwanderungspolitik abwich. Zunächst bestritt Pilz dessen Authentizität, später konnte er sich plötzlich doch erinnern und meinte gar, das Dokument sei "eines meiner besten Papiere".

Pilz versandte demnach per E-Mail an seine Mitstreiter ein 18 Punkte umfassendes Papier mit der provokanten Überschrift "Österreich zuerst" – jenem Titel, unter den die FPÖ 1992 ihr Anti-Ausländervolksbegehren gestellt hatte, dem Hunderttausende Menschen und auch der Grüne Peter Pilz damals vehement entgegengetreten waren.

"Europa voll"

Der zweite seiner Punkte aus dem Jahr 2016 ist mit "Europa voll" überschrieben. Auch hier zeigt sich eine politische Wende des früheren Grünen, hat Pilz doch in den 1990er Jahren scharfe Kritik an der SPÖ für deren "Das Boot ist voll"-Aussagen geübt.

In Punkt sechs geht es dann um Pilz' Resettlement-Plan in drei Stufen. Demnach soll Österreich Flüchtlinge vor Ort auswählen, nach Integrationschancen und größter Not. Danach, so die Idee, solle eine "Österreich-Vorbereitung" folgen, und zwar ein halbes Jahr lang in einem Lager, wobei er hier starke Präferenzen für Jordanien zeigt. Erst dann kämen Flüchtlinge legal nach Österreich.

Kehrtwende

Pilz bestritt all das zunächst. Weder habe er ein Dokument dieses Titels verfasst, noch eines mit 18 Punkten, sagte er der APA. Von ihm stamme ein anderes Papier aus dem Vorjahr, dieses umfasse rund 100 Punkte. Die Grünen hatten von Anfang an betont, dass Pilz beide Dokumente verfasst habe.

Einige Stunden später machte Pilz dann eine 180 Grad Kehrtwende. Er habe sich – auch weil momentan gesundheitlich angeschlagen – nicht gleich daran erinnert, so das neue Wording. "Zu keinem Zeitpunkt habe ich die Urheberschaft bestritten", betonte Pilz nun.

Einer der letzten Versuche

Er habe das Papier im Mai 2016 verfasst und nicht nur innerhalb der Partei verteilt. Es sei mit seinen 18 Punkten quasi ein Exzerpt jenes 100-Punkte-Konvoluts, das er dann im Jänner dem Erweiterten Bundesvorstand der Grünen zugeleitet habe: "Es war einer der letzten Versuche, die Grünen zur Vernunft zu bringen. Das ist nicht gelungen."

Zu seiner Wortwahl in dem Papier steht Pilz, der seine frühere Partei verlassen hat und bei der Nationalratswahl mit einer eigenen Liste antritt. "Ich spiele mich immer mit scheinbar freiheitlich besetzten Begriffen. Ich schenke auch den Begriff 'Heimat' oder 'Österreich' nicht her", meinte er – im Gegensatz zu anderen, die ständig die Sprachpolizei losschicken würden.

Haltungsänderung

Angesprochen auf seine Haltungsänderung im Vergleich zum Jahr 1992, als er sich – vor dem Hintergrund des Flüchtlingszustroms infolge des Jugoslawien-Kriegs – für das Lichtermeer in Opposition zum Anti-Ausländervolksbegehrern der FPÖ gestellt hatte, verwies Pilz auf die Unterschiede zu damals.

Die Dimensionen der Flüchtlingskrise seien 2016 viel größer als 1992 gewesen, ebenso wie die kulturellen Unterschiede. Auch das Thema Islam und hier vor allem der "politische Islam" spiele eine Rolle, und dass sich heute auf den Flüchtlingsrouten nur die stärksten, meist junge Männer durchsetzten. Deshalb habe er in dem Papier die Auswahl von Flüchtlingen in Lagern vor Ort vorgeschlagen. Anders seine frühere Partei, so Pilz: "Die grünen Antworten 2016 waren dieselben wie 1992." (APA, red 16.9.2017)