Georg Willi (58) ist ein Freund regionaler Kulturinitiativen.

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Wien – Der Abgang (bzw. die Abwahl) des langjährigen grünen Kultursprechers Wolfgang Zinggl zur Liste Pilz hat bei der Expartei vorerst eine Lücke hinterlassen. Sein interimistischer Nachfolger Georg Willi, seit 2013 Tourismus- und Verkehrssprecher, hat die Kulturagenden nur bis zum Wahltermin am 15. Oktober übernommen. Danach wird sich der 58-Jährige in seine Heimatstadt Innsbruck zurückziehen. Im April 2018 soll er dort als Spitzenkandidat in die Gemeinderatswahlen gehen. "Mir werden gute Chancen auf den Innsbrucker Bürgermeister eingeräumt", meint Georg Willi im STANDARD-Gespräch.

Zu Zinggls Abwahl hatte entscheidend dessen offene Kritik am Turmprojekt der rot-grünen Wiener Stadtregierung auf dem Heumarkt-Areal beigetragen, aufgrund dessen Wien das Unesco-Weltkulturerbe entzogen werden könnte. "Ich habe Zinggls Position im Klub unterstützt", sagt Georg Willi. "Ich bedauere daher seinen Abgang. Er war ein kritischer Begleiter des Kulturbetriebs, hat sich sehr um Transparenz gekümmert. Oder um die soziale Absicherung von Kulturschaffenden. Da sollten wir als Grüne unbedingt dranbleiben!" Einzig ein gewisses Imageproblem ortete er bei Zinggl: "Er hat vielleicht manchmal zu sehr das Bild des Kontrollors, des Mahners, dass sorgsam mit Steuergeld umgegangen wird, vermittelt."

Er selbst denke aber, dass "Künstler auch eine gewisse Großzügigkeit lieben. Da darf auch einmal so richtig geklotzt werden. Manche hätten sich gewünscht, dass Zinggls Ruf nach mehr Budget lauter gewesen wäre".

Kulturtopf viel zu klein

Der Kulturtopf des Bundes sei mit knapp 0,6 Prozent des Gesamtbudgets viel zu klein, meint Willi. "In den Ländern sind es zwei bis drei Prozent. Beim Bund müsste man aufstocken. Der Großteil fließt außerdem nach Wien in die Bundestheater und -museen. Da sollte zumindest der Rest in die Bundesländer gehen." Die Stadt Wien solle hingegen mehr tun. Sie sei nämlich im Ländervergleich "nicht die, die am meisten Mittel in die Kultur steckt", kritisiert der Tiroler.

Freie Eintritte in die großen Bundesmuseen solle man Schritt für Schritt ausweiten. "Freie Abende und Jahrestickets nicht nur für ein Museum, sondern für alle Museen einer Stadt. Ideen für Kulturpässe gibt es international viele. Wien ist da hinter den Pionieren zurück."

Willi, selbst Leiter eines Chors, betont die Wichtigkeit regionaler Kulturinitiativen. "Ich stehe auch zu dem Grundsatz: Wenn im Dorf etwas Kulturelles stattfindet, dann hat man dort hinzugehen!" Das sei auch Erziehungssache.

Die Politik könne hier initiativ vorangehen, meint Willi: "In italienischen Haushalten hängen zum Beispiel viel mehr Originalbilder an den Wänden. Zu einer tollen Wohnzimmerausstattung gehört ein Original und kein Klimt-Kunstdruck!" Die Politik könne Plattformen für leistbaren Kunsthandel schaffen, in Tirol veranstalte etwa die Arbeiterkammer Vernissagen, "zu denen hunderte bis tausende Menschen kommen und leistbare Bilder kaufen. So soll es sein!"

Kürzungen des Kulturbudgets, wie sie derzeit etwa in Oberösterreich angedacht sind, verärgern Willi: "Kultur ist eben nicht nur der Zuckerguss, wo ich sagen kann: ,Wenn es ein bisschen enger wird, machen wir es halt ohne. Kultur ist überlebensnotwendiger Bestandteil unserer Gesellschaft." (Stefan Weiss, 13.9.2017)